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08.10.2015 14:58 Uhr | Quelle: WahreTabelle

Schiedsrichterball: Die Notbremse gezogen?

Kolumne: Johannes Gründel bei WahreTabelle über das Regelwerk und strittige Fußball-Szenen. 

Johannes Gründel
Johannes Gründel
Fritz / Bayern
Quelle: GettyImages
Richtig entschieden: Referee Marco Fritz (m.) zeigt Bayerns David Alaba (r.) nur Gelb.

Johannes Gründel
Johannes Gründel

Von der Papierform her war es wohl das Spiel in Deutschland mit dem höchsten „Kribbelfaktor“: FC Bayern gegen Borussia Dortmund. Von einigen Stimmen schon als das vorentscheidende Spiel zur Meisterschaft hochstilisiert (am achten Spieltag?!), ist diese Begegnung natürlich auch eine Ehre für den eingeteilten Schiedsrichter. Die vergangenen Spielleiter lesen sich tatsächlich wie das „Who is who“ der deutschen Schiedsrichterszene – Unparteiische aus den Landesverbänden der beiden Vereine sind natürlich ausgeschlossen. Eingeteilt für den „Klassiker“: Peter Gagelmann, Knut Kircher, Manuel Gräfe, Florian Meyer, Felix Zwayer, Dr. Jochen Drees und zwischendurch auch mal WM-Finalschiedsrichter Nicola Rizzoli (Italien). In diese Gruppe gehört nun auch Marco Fritz (Korb), der am Tag nach seinem 38. Geburtstag, dieses Spiel leiten durfte. 

Gleich nach drei Minuten hatte er eine knifflige Entscheidung zu treffen: Ein weiter Ball wurde auf Pierre-Emerick Aubameyang geschlagen, der frei vor Manuel Neuer seinem Gegenspieler David Alaba einteilte. Der Österreicher im Dress des Rekordmeisters berührte Dortmunds Angreifer dann am Fuß, sodass dieser zu Fall kam und der lange Ball unberührt zum Nationaltorhüter flog.
Schiedsrichter Fritz pfiff sofort und zeigte Alaba, der letzter Mann war, die Gelbe Karte und nicht, wie manche es erwartet hatten, die Rote Karte wegen Notbremse. Diese Entscheidung war korrekt. Die Notbremsenregelung auf die alte Bolzplatz-Faustformel „Letzter Mann gleich Rot“ zu reduzieren, klappt zwar in den meisten Fällen, aber wird der Komplexität und Flexibilität der Regelung nicht gerecht. Der Schiedsrichter muss entscheiden, ob eine „offensichtliche Torchance“ vorliegt. Dabei gibt ihm das Regelwerk in Regel 12 (S. 92) einige – nicht als abschließend zu verstehende – Anhaltspunkte zur Hand:

1. Distanz zwischen Vergehen und Tor
2. Wahrscheinlichkeit, dass das angreifende Team in Ballbesitz bleibt oder kommt
3. Richtung des Spiels
4. Position und Anzahl verteidigender Spieler

Die Distanz zum Tor waren beim Foul noch etwa 25 bis 30 Meter. Das Spiel ging in Richtung Bayern-Tor und verteidigende Spieler waren weit und breit keine in Sicht. Diese Aspekte sprechen also für eine Notbremse.

Allerdings stellt Punkt zwei ein massives und hier entscheidendes Gegengewicht dar: Aubameyang hat den Ball noch nicht unter Kontrolle und es ist bei weitem nicht sicher, dass er ihn auch gekriegt hätte. Verkürzt ausgedrückt: Ohne Ball kann man kein Tor erzielen. Deshalb ist die Ballkontrolle auch eine wichtige Voraussetzung für das Vorliegen einer „offensichtlichen Torchance“. Ohne Ballkontrolle müssen die anderen Punkte schon sehr stark zu gewichten sein, um trotzdem eine Notbremse anzunehmen. Das kann der Fall sein, wenn der Angreifer vor den leeren Tor steht und den Querpass bzw. Flanke nur noch einschieben oder einköpfen muss und auch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit an den Ball kommt.

Hier steht aber noch Neuer im Tor und kann den Ball sogar vielleicht vor Aubameyang erreichen. Daher handelte Marco Fritz korrekt, als er Alaba nur verwarnte und nicht des Feldes verwies.

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Schiedsrichter Fritz pfiff sofort und zeigte Alaba, der letzter Mann war, die Gelbe Karte und nicht, wie manche es erwartet hatten, die Rote Karte wegen Notbremse. Diese Entscheidung war korrekt. Die Notbremsenregelung auf die alte Bolzplatz-Faustformel „Letzter Mann gleich Rot“ zu reduzieren, klappt zwar in den meisten Fällen, aber wird der Komplexität und Flexibilität der Regelung nicht gerecht. Der Schiedsrichter muss entscheiden, ob eine „offensichtliche Torchance“ vorliegt. Dabei gibt ihm das Regelwerk in Regel 12 (S. 92) einige – nicht als abschließend zu verstehende – Anhaltspunkte zur Hand:

1. Distanz zwischen Vergehen und Tor
2. Wahrscheinlichkeit, dass das angreifende Team in Ballbesitz bleibt oder kommt
3. Richtung des Spiels
4. Position und Anzahl verteidigender Spieler

Die Distanz zum Tor waren beim Foul noch etwa 25 bis 30 Meter. Das Spiel ging in Richtung Bayern-Tor und verteidigende Spieler waren weit und breit keine in Sicht. Diese Aspekte sprechen also für eine Notbremse.

Allerdings stellt Punkt zwei ein massives und hier entscheidendes Gegengewicht dar: Aubameyang hat den Ball noch nicht unter Kontrolle und es ist bei weitem nicht sicher, dass er ihn auch gekriegt hätte. Verkürzt ausgedrückt: Ohne Ball kann man kein Tor erzielen. Deshalb ist die Ballkontrolle auch eine wichtige Voraussetzung für das Vorliegen einer „offensichtlichen Torchance“. Ohne Ballkontrolle müssen die anderen Punkte schon sehr stark zu gewichten sein, um trotzdem eine Notbremse anzunehmen. Das kann der Fall sein, wenn der Angreifer vor den leeren Tor steht und den Querpass bzw. Flanke nur noch einschieben oder einköpfen muss und auch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit an den Ball kommt.

Hier steht aber noch Neuer im Tor und kann den Ball sogar vielleicht vor Aubameyang erreichen. Daher handelte Marco Fritz korrekt, als er Alaba nur verwarnte und nicht des Feldes verwies.

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11.10.2015 01:21


Hagi01
Hagi01

1. FC Nürnberg-Fan1. FC Nürnberg-Fan

Hagi01
Mitglied seit: 24.09.2012

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Beiträge: 6313

Vorsatz macht aber aus dem Foul noch keine Notbremse, da das Vorliegen einer "offensichtlichen Torchance" rein anhand von objektiven Kriterien bestimmt werden muss. Es wird auch nicht behauptet, dass Neuer den Ball vor Aubameyang bekommen wird, sondern nur, dass es nicht feststeht, dass Aubameyang den Ball vorher erreicht und unter Kontrolle bringt. Und schon die Tatsache, dass es über einen so langen Zeitpunkt ernsthaft diskutiert wird, zeigt doch, dass die Torchance nicht offensichtlich war. Sonst gäbe es keine Diskussionen, weil es ja eben offensichtlich war.

Das Argument mit den Bayernfans, die still waren, zieht nicht wirklich. Der meiste Regellaie kennt die Notbremse eben nur als letzter Mann. Dabei ist die Ballkontrolle ein mindestens genauso wichtiges Kriterium. Ohne Ballkontrolle funktioniert eine offensichtliche Torchance nur in sehr engem Maß. Wie schon im Schiedsrichterball steht: Ohne Ball kann man kein Tor erzielen. Deshab muss der Ball schon bei dem Spieler unter Kontrolle sein oder die Chance, den Ball zu erreichen, stellt gleichzeitig schon eine offensichtliche Torchance dar.



Ceterum censeo bellum esse finiendum ☮️


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10.10.2015 17:34


Richtungswechsel


Bor. Dortmund-FanBor. Dortmund-Fan


Mitglied seit: 10.10.2015

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Beiträge: 1

Teilweise richtig

Ich finde das es eine Notbremse war. Er trifft Ihn zwar am Fuß geht trotzdem mit gestreckten Arm noch dazu auf Ihn los. Das ist ein sehr unsportlicher Vorsatz. Der weder durch Neuer hätte Ihn haben können bzw. Auba wäre nicht mehr rangekommen entkräftet werden kann. Wer entscheidet beides das sind Mutmaßungen die Neuer etwas zusprechen und Auba absprechen. Wohl gemerkt der Mann ist groß und schnell...

Wo ein Foulspiel anfängt hört Technik und Koennen auf. In meinem Publicviewing war es MucksMaeuschen still auch bei den vielen Fcb Fans. Man hat die Situationen richtig gedeutet.


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