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05.12.2013 00:18 Uhr | Quelle: WahreTabelle.de

Schiedsrichterball: Eine haarscharfe Angelegenheit

Kolumne: Johannes Gründel erklärt bei WahreTabelle.de das Regelwerk und strittige Szenen der Bundesliga.

Johannes Gründel
Johannes Gründel
Mame Diouf / Hannover
Quelle: GettyImages
Mame Diouf scheint es anzuzeigen: War der Senegalese von Hannover 96 vor dem nicht anerkannten Treffer gegen Eintracht Frankfurt noch mit dem Haarschopf am Ball?

Johannes Gründel
Johannes Gründel

Eine im Wortsinn haarscharfe Angelegenheit hatte Schiedsrichter Günter Perl am Sonntag in Hannover zu entscheiden: Nach einem weiten Abschlag von Ron-Robert Zieler und einem Luftzweikampf mit Beteiligung von Hannovers Mame Diouf trifft Artur Sobiech zum vermeintlichen 2:0 für 96.

Während sich Hannover freut, herrscht im Funkverkehr des Schiedsrichtergespanns hektisches Treiben: War das vielleicht Abseits? Schiedsrichterassistent Michael Emmer - mit der Erfahrung von 60 Bundesliga-Spielen - hatte korrekt erkannt, dass Sobiech beim Abschlag von Zieler im Abseits stand. Sein Chef, Günter Perl, hingegen teilte ihm mit, dass Diouf seiner Wahrnehmung nach nicht am Ball war - ebenso wenig wie dessen Gegenspieler im Kopfballduell und somit die Situation beim Abschlag für die Abseitsbewertung entscheidend ist. Daraufhin entschied das Gespann zum Entsetzen der Niedersachsen, dem Treffer die Anerkennung zu verweigern. Die Wiederholungen sollten anschließend zeigen, dass Diouf den Ball mit den Haaren ganz leicht berührt hatte. Mit dem bloßen Auge war das natürlich nicht erkennbar und selbst bei den Videoaufzeichnungen brauchte es eine Lupe, damit man die Berührung zweifelsfrei wahrnehmen konnte.

Hier wird direkt eine Frage aufgeworfen: Ist eine solche Berührung nur mit den Haaren relevant? Gibt es dann einen Nachteil für Spieler mit Glatze, wie beispielsweise Ex-Löwe Nemanja Vucicevic, der diesen Nachteil ironischerweise versuchte mithilfe von Haarwuchsmitteln zu beseitigen – und deshalb dann wegen Dopings gesperrt wurde?

Die Regeln bestimmen als maßgeblichen Zeitpunkt denjenigen, „zu dem der Ball von einem Mitspieler berührt oder gespielt wird“ (Regel 11). Hier wird schon deutlich, dass die Regel nicht zwingend ein Zuspiel verlangt, sondern eine Ballberührung ausreicht. Dabei kommt es dann nicht darauf an, ob der Ball eine Richtungsänderung erfährt, sondern die bloße Berührung, auch ohne merklichen Einfluss auf den Ball, genügt, um dementsprechend eine neue Spielsituation auszulösen. Dies gilt im Grundsatz übrigens sowohl für Angreifer als auch für Verteidiger. Allerdings muss der Verteidiger den Ball absichtlich spielen - seit dieser Saison nur noch absichtlich, nicht mehr kontrolliert, sodass auch ein Querschläger eine neue Spielsituation auslöst, wenn der Verteidiger den Ball absichtlich spielt.

Im vorliegenden Fall hat also Dioufs leichte Ballberührung mit den Haaren, die als Körperteile natürlich zum Spieler gehören, zur Folge, dass eine neue Spielsituation entstanden ist und der Treffer eigentlich regulär war. Doch abgesehen von diesem – mit menschlichen Augen nicht wahrnehmbaren – Fehler haben Günter Perl und Michael Emmer in dieser Szene sehr vieles richtig gemacht. Emmer hat sich Sobiechs Abseitsposition zum Zeitpunkt des Abschlags gemerkt. Anschließend ging er, da er sich nicht sicher war, ob Diouf den Ball berührt hatte, nach der Auslegungsmaxime „Im Zweifel nicht eingreifen“, im Volksmund fürs Abseits bekannter als „Im Zweifel für den Stürmer“, vor und ließ die Fahne zunächst unten. Als der Ball dann im Tor war, musste natürlich alles versucht werden, um die Zweifel zu beseitigen. Hier funktionierte die Absprache im Gespann sehr gut, sodass man am Ende zum Ergebnis kam, dass Diouf den Ball nicht mehr berührt hatte. An dieser Stelle muss man Günter Perl und seine drei Mitstreiter auch dafür loben, dass sie den Mut hatten, die unpopuläre Entscheidung, das Tor abzuerkennen, zu treffen.

Dies hat die Spielleitung sicherlich nicht einfacher gemacht, zumal dem Gespann der Unmut der rund 35.000 Fans der Hannoveraner auf den Rängen sicher war. Dennoch traf man diese mutige Entscheidung und machte damit in dieser Szene sehr viel richtig – abgesehen davon, dass die Grundannahme bzgl. Dioufs Ball-(Nicht-)Berührung leider falsch war. Aber das war so haarscharf, dass niemand mit gesundem Menschenverstand dem Gespann diesen Fehler zum Vorwurf machen kann.

Eine im Wortsinn haarscharfe Angelegenheit hatte Schiedsrichter Günter Perl am Sonntag in Hannover zu entscheiden: Nach einem weiten Abschlag von Ron-Robert Zieler und einem Luftzweikampf mit Beteiligung von Hannovers Mame Diouf trifft Artur Sobiech zum vermeintlichen 2:0 für 96.

Während sich Hannover freut, herrscht im Funkverkehr des Schiedsrichtergespanns hektisches Treiben: War das vielleicht Abseits? Schiedsrichterassistent Michael Emmer - mit der Erfahrung von 60 Bundesliga-Spielen - hatte korrekt erkannt, dass Sobiech beim Abschlag von Zieler im Abseits stand. Sein Chef, Günter Perl, hingegen teilte ihm mit, dass Diouf seiner Wahrnehmung nach nicht am Ball war - ebenso wenig wie dessen Gegenspieler im Kopfballduell und somit die Situation beim Abschlag für die Abseitsbewertung entscheidend ist. Daraufhin entschied das Gespann zum Entsetzen der Niedersachsen, dem Treffer die Anerkennung zu verweigern. Die Wiederholungen sollten anschließend zeigen, dass Diouf den Ball mit den Haaren ganz leicht berührt hatte. Mit dem bloßen Auge war das natürlich nicht erkennbar und selbst bei den Videoaufzeichnungen brauchte es eine Lupe, damit man die Berührung zweifelsfrei wahrnehmen konnte.

Hier wird direkt eine Frage aufgeworfen: Ist eine solche Berührung nur mit den Haaren relevant? Gibt es dann einen Nachteil für Spieler mit Glatze, wie beispielsweise Ex-Löwe Nemanja Vucicevic, der diesen Nachteil ironischerweise versuchte mithilfe von Haarwuchsmitteln zu beseitigen – und deshalb dann wegen Dopings gesperrt wurde?

Die Regeln bestimmen als maßgeblichen Zeitpunkt denjenigen, „zu dem der Ball von einem Mitspieler berührt oder gespielt wird“ (Regel 11). Hier wird schon deutlich, dass die Regel nicht zwingend ein Zuspiel verlangt, sondern eine Ballberührung ausreicht. Dabei kommt es dann nicht darauf an, ob der Ball eine Richtungsänderung erfährt, sondern die bloße Berührung, auch ohne merklichen Einfluss auf den Ball, genügt, um dementsprechend eine neue Spielsituation auszulösen. Dies gilt im Grundsatz übrigens sowohl für Angreifer als auch für Verteidiger. Allerdings muss der Verteidiger den Ball absichtlich spielen - seit dieser Saison nur noch absichtlich, nicht mehr kontrolliert, sodass auch ein Querschläger eine neue Spielsituation auslöst, wenn der Verteidiger den Ball absichtlich spielt.

Im vorliegenden Fall hat also Dioufs leichte Ballberührung mit den Haaren, die als Körperteile natürlich zum Spieler gehören, zur Folge, dass eine neue Spielsituation entstanden ist und der Treffer eigentlich regulär war. Doch abgesehen von diesem – mit menschlichen Augen nicht wahrnehmbaren – Fehler haben Günter Perl und Michael Emmer in dieser Szene sehr vieles richtig gemacht. Emmer hat sich Sobiechs Abseitsposition zum Zeitpunkt des Abschlags gemerkt. Anschließend ging er, da er sich nicht sicher war, ob Diouf den Ball berührt hatte, nach der Auslegungsmaxime „Im Zweifel nicht eingreifen“, im Volksmund fürs Abseits bekannter als „Im Zweifel für den Stürmer“, vor und ließ die Fahne zunächst unten. Als der Ball dann im Tor war, musste natürlich alles versucht werden, um die Zweifel zu beseitigen. Hier funktionierte die Absprache im Gespann sehr gut, sodass man am Ende zum Ergebnis kam, dass Diouf den Ball nicht mehr berührt hatte. An dieser Stelle muss man Günter Perl und seine drei Mitstreiter auch dafür loben, dass sie den Mut hatten, die unpopuläre Entscheidung, das Tor abzuerkennen, zu treffen.

Dies hat die Spielleitung sicherlich nicht einfacher gemacht, zumal dem Gespann der Unmut der rund 35.000 Fans der Hannoveraner auf den Rängen sicher war. Dennoch traf man diese mutige Entscheidung und machte damit in dieser Szene sehr viel richtig – abgesehen davon, dass die Grundannahme bzgl. Dioufs Ball-(Nicht-)Berührung leider falsch war. Aber das war so haarscharf, dass niemand mit gesundem Menschenverstand dem Gespann diesen Fehler zum Vorwurf machen kann.

05.12.2013 10:15


Zirkusaffe


Bayern München-FanBayern München-Fan


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Beiträge: 2476

@ LordHorst

Zitat von LordHorst
Daraufhin entschied das Gespann zum Entsetzen der Niedersachsen, dem Treffer die Aberkennung zu verweigern.

Wenn das nicht mal eine schöne Stilblüte ist.


Den Verein will ich sehen, der sich kollektiv mit Entsetzen beschwert, dass ihnen ein Treffer nicht aberkannt wird.


++++ Redbull verleiht Flügel - Leipzig gibt Außenstürmer ab ++++


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05.12.2013 09:59


carbonero
carbonero

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@ LordHorst

Zitat von LordHorst
Daraufhin entschied das Gespann zum Entsetzen der Niedersachsen, dem Treffer die Aberkennung zu verweigern.

Wenn das nicht mal eine schöne Stilblüte ist.


Ich war kurz davor, es nicht zu korrigieren.


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05.12.2013 08:59


LordHorst
LordHorst

Bayern München-FanBayern München-Fan


Mitglied seit: 11.12.2010

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Beiträge: 6309

Daraufhin entschied das Gespann zum Entsetzen der Niedersachsen, dem Treffer die Aberkennung zu verweigern.

Wenn das nicht mal eine schöne Stilblüte ist.


Scheint die Sonne auch für Nazis? Ich könnt's nicht verstehen. Dürfen Faschos auch verreisen? Das wäre ungerecht. Können Rassisten etwa auch den blauen Himmel sehen? Scheint die Sonne auch für Nazis? Wenn's nach mir geht, tut sie es nicht.


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