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22.06.2017 13:27 Uhr | Quelle: WahreTabelle

Schiedsrichterball: Nicht ausgereift, aber auf gutem Weg

Kolumne: Johannes Gründel erklärt bei WahreTabelle das Regelwerk und strittige Fußball-Szenen. 

Johannes Gründel
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Vidal_Arturo_Chile
Quelle: Imago Sportfoto / Archivbild
Schiedsrichter Damir Skomina (l., mit Arturo Vidal) zog im Spiel Chile gegen Kamerun zwei Mal den Video-Assistenten zu Rate.

Johannes Gründel
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Für viel Wirbel sorgt der erste „große“ Testlauf des Videobeweises. In den ersten Spielen des Confederations Cups gab es – nimmt man nur die Spiele bis Mittwochabend –eine Handvoll Einsätze der sogenannten Videoassistenten.

Besonders der aberkannte erste Treffer der Chilenen gegen Kamerun erhitzte dabei die Gemüter. Beim Steilpass in der Mitte auf den Ex-Hoffenheimer Eduardo Vargas war dieser etwa fünf Zentimeter im Abseits. Eine Abseitsstellung, die die Videoassistenten erkannten und den Treffer daher zurecht durch Schiedsrichter Damir Skomina (40, Slowenien) revidierten. Dumm nur, dass das eingespielte Bild für das ungeübte Auge eher „gleiche Höhe“ suggeriert. Erst mit Hilfe der Skalierungslinien, die erst 20 Minuten später eingeblendet wurden, erkannte man die Abseitsstellung. In der Zwischenzeit hatten sich aber im ZDF bereits die Experten, Ex-Bundesligatrainer Holger Stanislawski und Vize-Weltmeister Sebastian Kehl sowie Moderator Jochen Breyer unisono darauf festgelegt, dass hier eine Fehlentscheidung vorlag. Sie haben sich gewundert, dass man nun doch dort stehe und diskutiere, obwohl der Videobeweis doch die Diskussionen beenden solle. Ein weiterer, gerne geäußerter Kritikpunkt war die Aussage der FIFA vor dem Turnier, es sollten nur die eindeutigen Fehlentscheidungen korrigiert werden. Hier jedoch läge keine solche eindeutige Fehlentscheidung vor, da die mögliche Abseitsstellung ja so unfassbar knapp wäre. Andere Kolumnisten sehen durch diesen Videobeweis sogar „den langsamen Tod des Fußballs“.

Bei der Diskussion wünscht man sich etwas mehr Gelassenheit. Dass der Videobeweis nicht von jetzt auf gleich reibungslos funktionieren würde, war von Anfang an klar. Deshalb befindet er sich aktuell auch noch in einer Testphase. Dass es hier Kinderkrankheiten gibt, liegt in der Natur der Sache. Diese Kinderkrankheiten sind aber behandelbar. Hier müssen aber verschiedene Stellen an sich arbeiten. Zum einen müssen die Schiedsrichter ihre Spielleitung etwas anpassen. Man bemerkt schon beim Confed-Cup, dass die Assistenten und die Schiedsrichter in Tornähe mit Abseitsentscheidungen kurz warten, damit ein mögliches Tor entsteht. Das liegt daran, dass man ein Tor immer wegen Abseits nachträglich aberkennen kann, aber bei einer falschen Spielunterbrechung die Situation nicht wiederherstellbar ist. Solange daraus keine gesundheitsgefährdenden Zweikampfszenen resultieren, ist dieses Vorgehen daher zu begrüßen. Zum anderen müssen die Bilderanbieter und die Stadionregie schneller werden. Wären die Kalibrierungslinien bereits in der ersten Wiederholung angezeigt worden, hätten die meisten bei Chiles Tor die Abseitsstellung gleich erkannt. Zum dritten müssen aber auch die Kommentatoren und Studiogäste an ihrer Kompetenz arbeiten. Szenen wie von Chile – Kamerun decken früher oder später schonungslos auf, wenn die Kommentatoren etwas Falsches erzählen. Will man seine Glaubwürdigkeit erhalten, muss man solche Fehleinschätzungen minimieren.

Viel geäußert ist der Einwand, dass die Emotionen zerstört würden, da man nicht genau wisse, ob man jetzt jubeln könne oder nicht. Das überzeugt überhaupt nicht. Zum einen jubelt man bei Toren immer erstmal. Das ist auch ohne den Videobeweis so – wer kennt die Szenen nicht, in denen Spieler und Fans jubeln, bevor sie einige Sekunden später sehen, dass der Schiedsrichter-Assistent die Fahne oben hat? Man kann sogar sagen: Durch den Videobeweis gibt es sogar die Möglichkeit, doppelt zu jubeln. Zum ersten Mal, wenn der Ball im Netz ist, zum zweiten Mal, wenn das Tor dann wirklich zählt. Das Argument ist gleichermaßen absurd, wenn man sich überlegt, dass Zeitpunkt und Intensität des Jubelns benutzt werden, um die Korrektur von eindeutig auflösbaren Fehlentscheidungen zu verweigern. Das muss man mal einem Spieler, Fan – oder noch schlimmer: aus abstiegsbedingten Einsparungen entlassenen Mitarbeiter – ins Gesicht sagen, dessen Verein nach einer Fehlentscheidung absteigen muss. Das klingt dann so: „Das tut mir echt leid. Der Videobeweis hätte geholfen. Aber dann hätte man nicht schnell genug jubeln können!“.

Absurder Zynismus (aber keiner von der guten Sorte). Man fragt sich hierbei ernsthaft: Ist möglicherweise und nur manchmal verzögerter und weniger intensiver Jubel ein zu hoher Preis für eine höhere Gerechtigkeit? Hoffentlich nicht!

Ein positiver Effekt des Videobeweises lässt sich aber fast bei jeder Ecke in jedem Spiel beobachten. Die Spieler lassen ihre Hände bei sich, weil sie von den Trainern dazu ermahnt werden. Schließlich würde der Videobeweis ein Stürmerfoul ebenso erkennen wie das eines Verteidigers. Damit würde man die Aberkennung des eigenen Tores oder einen Strafstoß gegen sich riskieren. Ein hohes Risiko mit schwerer Folge, welches man zurecht nicht eingeht.

Wenn die Kinderkrankheiten ausgeheilt sind, kann der Videobeweis einen hohen Gewinn für den Fußball darstellen. Die dafür notwendige Zeit sollte man ihm geben. Die Verhinderung eindeutig auflösbarer Fehlentscheidung ist einen unrunden Beginn wert.

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Bei der Diskussion wünscht man sich etwas mehr Gelassenheit. Dass der Videobeweis nicht von jetzt auf gleich reibungslos funktionieren würde, war von Anfang an klar. Deshalb befindet er sich aktuell auch noch in einer Testphase. Dass es hier Kinderkrankheiten gibt, liegt in der Natur der Sache. Diese Kinderkrankheiten sind aber behandelbar. Hier müssen aber verschiedene Stellen an sich arbeiten. Zum einen müssen die Schiedsrichter ihre Spielleitung etwas anpassen. Man bemerkt schon beim Confed-Cup, dass die Assistenten und die Schiedsrichter in Tornähe mit Abseitsentscheidungen kurz warten, damit ein mögliches Tor entsteht. Das liegt daran, dass man ein Tor immer wegen Abseits nachträglich aberkennen kann, aber bei einer falschen Spielunterbrechung die Situation nicht wiederherstellbar ist. Solange daraus keine gesundheitsgefährdenden Zweikampfszenen resultieren, ist dieses Vorgehen daher zu begrüßen. Zum anderen müssen die Bilderanbieter und die Stadionregie schneller werden. Wären die Kalibrierungslinien bereits in der ersten Wiederholung angezeigt worden, hätten die meisten bei Chiles Tor die Abseitsstellung gleich erkannt. Zum dritten müssen aber auch die Kommentatoren und Studiogäste an ihrer Kompetenz arbeiten. Szenen wie von Chile – Kamerun decken früher oder später schonungslos auf, wenn die Kommentatoren etwas Falsches erzählen. Will man seine Glaubwürdigkeit erhalten, muss man solche Fehleinschätzungen minimieren.

Viel geäußert ist der Einwand, dass die Emotionen zerstört würden, da man nicht genau wisse, ob man jetzt jubeln könne oder nicht. Das überzeugt überhaupt nicht. Zum einen jubelt man bei Toren immer erstmal. Das ist auch ohne den Videobeweis so – wer kennt die Szenen nicht, in denen Spieler und Fans jubeln, bevor sie einige Sekunden später sehen, dass der Schiedsrichter-Assistent die Fahne oben hat? Man kann sogar sagen: Durch den Videobeweis gibt es sogar die Möglichkeit, doppelt zu jubeln. Zum ersten Mal, wenn der Ball im Netz ist, zum zweiten Mal, wenn das Tor dann wirklich zählt. Das Argument ist gleichermaßen absurd, wenn man sich überlegt, dass Zeitpunkt und Intensität des Jubelns benutzt werden, um die Korrektur von eindeutig auflösbaren Fehlentscheidungen zu verweigern. Das muss man mal einem Spieler, Fan – oder noch schlimmer: aus abstiegsbedingten Einsparungen entlassenen Mitarbeiter – ins Gesicht sagen, dessen Verein nach einer Fehlentscheidung absteigen muss. Das klingt dann so: „Das tut mir echt leid. Der Videobeweis hätte geholfen. Aber dann hätte man nicht schnell genug jubeln können!“.

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Ein positiver Effekt des Videobeweises lässt sich aber fast bei jeder Ecke in jedem Spiel beobachten. Die Spieler lassen ihre Hände bei sich, weil sie von den Trainern dazu ermahnt werden. Schließlich würde der Videobeweis ein Stürmerfoul ebenso erkennen wie das eines Verteidigers. Damit würde man die Aberkennung des eigenen Tores oder einen Strafstoß gegen sich riskieren. Ein hohes Risiko mit schwerer Folge, welches man zurecht nicht eingeht.

Wenn die Kinderkrankheiten ausgeheilt sind, kann der Videobeweis einen hohen Gewinn für den Fußball darstellen. Die dafür notwendige Zeit sollte man ihm geben. Die Verhinderung eindeutig auflösbarer Fehlentscheidung ist einen unrunden Beginn wert.

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