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Schiedsrichterball: Noch auf der Linie?
Kolumne: Johannes Gründel erklärt bei WahreTabelle das Regelwerk und strittige Fußball-Szenen.
Es war ein guter Start in die Rückrunde für die Schiedsrichter. Lediglich zwei diskussionswürdige Entscheidungen mit potentiellem Einfluss auf das Ergebnis gab es zum Rückrundenstart der Fußball-Bundesliga.
Zum einen entschied sich Schiedsrichter Felix Zwayer (Berlin) im rheinischen Derby 1. FC Köln gegen Borussia Mönchengladbach (2:1) in einem Zwiespalt zwischen Regeltext und der üblichen Praxis zugunsten der letzteren und entschied unter Zuhilfenahme des Videobeweises, dass ein nicht übermäßig harter Treffer nach dem Torabschluss nicht strafstoßwürdig sei. Zum anderen gab es im Spiel zwischen Hannover 96 und dem 1. FSV Mainz 05 (3.2) einen Eckstoß für die Gastgeber, den Niklas Füllkrug zum Anschlusstreffer einköpfte. Doch wurde dieser korrekt ausgeführt?
Regel 17 besagt, dass der Ball innerhalb des Eckbereichs liegen muss. Doch um zu verstehen, was „innerhalb des Eckbereichs“ meint, muss man zwei weitere Prinzipien kennen, die das Regelwerk durchziehen. Erstens gehören Linien zu den Bereichen, die sie umgrenzen. Ein Foul auf der Strafraumlinie findet innerhalb des Strafraums statt. Zweitens muss der Ball die Linie vollständig überschritten haben, um den umgrenzten Bereich verlassen zu haben. Dabei ist die Linie nur als die zweidimensionale Projektion der dreidimensionalen (und nach oben theoretisch bis in den Weltraum reichenden) Spielfeldbegrenzung zu verstehen, sprich: Der Ball muss nicht am Boden auf der Linie liegen. Es genügt, wenn er beim senkrechten Blick von oben auf der Linie erscheint. Die aus dem Bolzplatz-Fußball bekannte „Luftlinie“ bekommt so eine andere, regeltechnisch zutreffende Bedeutung.
Wendet man nun diese Erkenntnisse auf den Ausführungsort des Eckstoßes an, kommt man zu dem richtigen Schluss, dass es genügt, wenn ein ganz kleines Stück des Balles die gedanklich senkrecht nach oben verlängerte Linie des Viertelkreises, der übrigens einen Radius von einem Meter um die Eckfahne hat, berührt. Erst wenn der Ball vollständig, also mit jedem Punkt auf seiner Oberfläche, außerhalb des senkrecht nach oben verlängerten Viertelkreises liegt, ist der Ausführungsort irregulär.
Hier kommt die Kameraperspektive ins Spiel. Von der Seite sieht es zwar so aus, als läge der Ball außerhalb des Viertelkreises. Das liegt aber daran, dass der Ball nicht an seiner breitesten Stelle auf dem Boden aufliegt. Projiziert man die breiteste Stelle, also die mittlere Ebene der Kugel, nach unten, liegt diese noch wenige Zentimeter auf der Linie des Viertelkreises. Die Ausführung des Eckstoßes war also regulär.
Doch selbst wenn der Ort des Eckstoßes nicht regulär gewesen wäre – glaubt jemand ernsthaft, dass die zwei Zentimeter etwas an der Ausführung der Ecke geändert hätten? Das ist nahezu ausgeschlossen. In der vorliegenden Situation hat die Mainzer Defensive schlicht nicht richtig funktioniert, weshalb Niclas Füllkrug den Treffer erzielen konnte. Eine Kontrolle durch den Videoassistenten von Schiedsrichter Bastian Dankert (37, Rostock) war übrigens gar nicht möglich. Das Protokoll des IFAB verbietet, dass kontrolliert wird, ob die zum Tor führende Spielfortsetzung richtig entschieden oder richtig ausgeführt wurde. Zur Begründung verweist man auf die guten Verteidigungsmöglichkeiten, die bei jeder Spielfortsetzung bestehen. Lediglich der Strafstoß fällt da etwas aus dem Rahmen. Doch der wird ja ohnehin überprüft.
Schiedsrichterball: Der Blick zurück
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