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27.01.2022 16:33 Uhr | Quelle: WahreTabelle

Schiedsrichter Osmers: Tür für Diskussionen mit Spielern und Trainern „steht immer offen“

Referee im Interview

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Quelle: imago images
Harm Osmers im Einsatz.

In der Bundesliga sind in dieser Spielzeit bislang 23 Schiedsrichter zum Einsatz gekommen. Einer von ihnen ist Harm Osmers, der seit 2016 im deutschen Oberhaus pfeift und seit vergangener Saison auch international eingesetzt wird. Im WahreTabelle-Interview zieht der Hannoveraner eine Bilanz nach 20 Runden, spricht über das Zusammenspiel mit dem Video-Assistenten und den Umgang mit Fehlern. Zudem verrät Osmers, wie sich seine Tätigkeiten als Schiedsrichter und Controller unter einen Hut bringen lassen und wie es zu einem Spielauftrag in Lettland gekommen ist.

WahreTabelle: Herr Osmers, Sie stehen bei acht Bundesliga-Einsätzen in dieser Spielzeit. Die WT-User geben Ihnen eine Durchschnittsnote von 3,9. Wie bewerten Sie Ihre Leistungen?

Harm Osmers: Damit bin ich im Großen und Ganzen zufrieden. Im Anschluss an die meisten Spiele war ich weniger Thema. Nach der Hinrunde und dem Rückrundenauftakt würde ich allgemein sagen, dass das für uns Schiedsrichter eine solide Leistung war. Bis auf ein paar Ausnahmen sind große Aufreger an Spieltagen ausgeblieben und einige Wochen lang war es komplett geräuschlos.

Von 3,0 bis 4,3: Die Durchschnittsnoten der Bundesliga-Schiedsrichter 2021/22

WahreTabelle: Wie bewerten Sie das aktuelle Zusammenspiel zwischen Schiedsrichter und Video-Assistent?

Osmers: Mein Eindruck ist, dass der Video-Assistent in der Bundesliga angekommen ist, sich auch etabliert und verbessert hat. Anfangs war es eine Veränderung, vielleicht die größte in den vergangenen Jahren. Aber ich gebe mal ein Beispiel: Wir waren vor kurzem in der Conference League unterwegs, in der es keinen Video-Assistenten gibt. Dort hat der Verein berichtet, dass sie in ihrer lokalen Liga auch gerne den VAR hätten, weil dadurch die Qualität besser würde. Ich denke mir dann, wir haben den VAR und trotzdem wird er phasenweise recht kritisch gesehen – wie paradox ist das? Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass Schiedsrichter-Entscheidungen immer ein Stück weit kontrovers diskutiert werden, weil einiges im Ermessensbereich liegt – mit oder ohne Video-Assistent. Aus meiner Sicht ist der Video-Assistent ein gutes Mittel und absolut etabliert. Ich sehe auch eine hohe Akzeptanz, bei faktischen Entscheidungen wie Abseits gibt es kaum noch Diskussionen.

WahreTabelle: Dennoch kommt es regelmäßig zu Kritik.

Osmers: Schiedsrichter-Entscheidungen werden häufig kritisch betrachtet. Ich will gar nicht sagen, dass der Video-Assistent fehlerfrei ist. Aber ich glaube, dass der Video-Assistent einen Nutzen hat dank der Möglichkeit, Szenen noch einmal anzuschauen, und dadurch klare Fehler zu verhindern und den Fußball gerechter zu machen. Ich würde sagen, der Nutzen ist mit Video-Assistent deutlich höher als ohne.

WahreTabelle: Wie sieht nach Ihren Einsätzen eine Analyse aus?

Osmers: Wir machen einmal eine Nachbetrachtung mit Beobachtern und Coaches, die findet schon immer am Spielort in der Kabine statt. Dann gibt es ein, zwei Tage später noch einmal eine Auswertung mit einem Coach, der das Spiel am TV verfolgt hat. Darüber hinaus ist das Wichtigste, dass man sich auch selbstkritisch mit den Dingen befasst. Wenn ich ein Spiel abpfeife, dann merke ich schon, ob das in der Summe gepasst hat oder ob da grobe Fehler drin waren, denn das Feedback lässt nicht lange auf sich warten.

WahreTabelle: Inwieweit lassen Sie bei der Analyse Kritik von Fans, Medien etc. an sich herankommen?

Osmers: Ich verfolge das schon, aber über die Jahre ist das zu einem normalen Umgang geworden. Meine Laune hängt nicht daran, ob ich eine Vier oder eine Zwei bekommen habe, für mich ist eine eigene Einschätzung der Spielleitung sowie die der Coaches und Beobachter wichtig. Aber natürlich ist auch wichtig, dass die Spielleitung und die Entscheidungen auf dem Platz Akzeptanz bei den Beteiligten sowie in der Öffentlichkeit finden. Als Schiedsrichter braucht man ein etwas dickeres Fell, sich auch mit Kritik zu befassen. Das halte ich aus und es gehört auch ein Stück weit dazu.

Community: Hier über Schiedsrichter-Entscheidungen & Co. diskutieren

WahreTabelle: Wie häufig kommt es vor, dass Spieler, Trainer oder andere Beteiligte nach einem Spiel den Austausch mit Ihnen suchen?

Osmers: Das kommt schon vor. Wenn ich ein Thema habe, das mir unter den Nägeln brennt, dann bin ich auch ein Freund davon, das vor Ort zu besprechen und aus der Welt zu räumen. In der Regel kann man nach dem Abpfiff alles besprechen, weil die Emotionen raus sind und alles wieder entspannter ist – das finde ich gut. Ich bin auch der Meinung, dass das sinnvoll ist. Meine Tür steht immer offen, dann kommt nach dem Spiel auch mal ein Spieler, Trainer oder Sportdirektor und fragt oder äußert etwas. Ich habe kein Problem damit, einen Fehler zuzugeben. Dann stehe ich dazu. Wichtig ist nur, dass man das ehrlich miteinander bespricht.

WahreTabelle: Wie gehen Sie mit Fehlentscheidungen um?

Osmers: Es kommt darauf an, zu analysieren, wie das passieren konnte und was die Gründe dafür waren. Man darf keine Angst vor Fehlern haben. Wenn ein Schiedsrichter 250 Entscheidungen im Spiel trifft, dann passieren Fehler – und dann sind das auch mal welche, die wichtig für den Spielausgang sind. Das ist dann natürlich ärgerlich, aber man muss sich klarmachen, dass Fehler passieren. Diese sollte man aber auf ein Minimum beschränken und Ursachen aufarbeiten.

WahreTabelle: Aktuell sind wieder wenig bis gar keine Zuschauer in den Stadien. Inwieweit beeinflusst das Ihre Arbeitsweise?

Osmers: Dass die Zuschauer nicht in den Stadien sind, finde ich persönlich schade. Man gewöhnt sich daran, aber trotzdem fehlt etwas. Weil besonders volle Stadien und die Atmosphäre die Bundesliga ausmachen. Bei der Spielleitung mit Zuschauern ist wesentlich mehr Power drin. Ich genieße das eigentlich und würde mir wünschen, dass das bald wieder möglich wäre.

WahreTabelle: In welchen Momenten packt Sie Ihre Leidenschaft zum Fußball?

Osmers: Ich merke das immer wieder, wenn wir im Spielertunnel stehen und dann ins Stadion einlaufen. Das ist immer wieder ein Gänsehautmoment. Noch einmal etwas anderes ist es, ein Spiel mit Champions-League-Hymne oder ein Länderspiel leiten zu dürfen. Das sind besondere Momente, bei denen ich kurz innehalte.

WahreTabelle: Wie sehr kann man als Schiedsrichter auf diesem Niveau noch Fan sein?

Osmers: Bei einer Bundesliga-Konferenz schaue ich immer auf den Schiedsrichter. Das ist ähnlich wie bei einem Regisseur, der guckt einen Film nicht wie ein Kinogänger, sondern aus der Sicht eines Regisseurs. Wenn das dann noch unterhaltsam ist, habe ich auch nichts dagegen. Die Art und Weise Fußball zu gucken, verlagert sich automatisch.

WahreTabelle: Was ist Ihnen in Ihrer Schiedsrichter-Karriere bislang als Highlight in Erinnerung geblieben?

Osmers: Mein erstes A-Länderspiel, das ich pfeifen durfte, wird mir sicher für immer in Erinnerung bleiben. Es ist deshalb so im Fokus, weil man als deutscher Schiedsrichter aktiv ist und seine Nation vertritt. Mein erstes A-Länderspiel war Zypern gegen Montenegro, das hat schon einen hohen Stellenwert für mich.

71 Bundesliga-Einsätze: Die Leistungsdaten von Harm Osmers im Überblick

WahreTabelle: Sie haben mal gesagt, dass Ihnen eine lange Leine eher liegt als eine strenge Linie. Warum?

Osmers: Pauschal würde das wohl jeder Schiedsrichter von sich behaupten. Ich glaube, dass es momentan der Trend in den zwei höchsten deutschen Ligen ist, am Spiel orientiert zu pfeifen. Denn je höher die Spielklasse, desto weniger Fouls gibt es. Dadurch ist der Fokus auf das Fußballspielen höher. In der Bundesliga kommt es im Durchschnitt vielleicht zu 15 Fouls, in der dritten Liga und in der Regionalliga sind es doppelt so viele. Das zeigt, dass sich der Fußball in die Richtung entwickelt hat, dynamisch zu sein. Daher ist es für den Schiedsrichter wichtig, von Grund auf diese Philosophie anzuwenden und das Spiel zuzulassen. Das heißt nicht, dass man klare Fouls nicht pfeift, im Gegenteil, aber man setzt Grenzen, die so viel wie möglich zulassen und für alle klar sind. Über allem steht Berechenbarkeit in der Spielleitung und im Agieren.

WahreTabelle: Wenn Sie eine Regeländerung umsetzen dürften, welche wäre es?

Osmers: Ich bin ein Verfechter von Zeitstrafen, die es im Jugendbereich gibt. Ich finde das gut, dass es eine Disziplinarmaßnahme dazwischen gibt, also zwischen Gelb und Rot. Dazu würde der Aspekt der Unterzahl für eine gewisse Zeit kommen. Also das Spiel könnte dynamischer werden. Aber ich bin auch realistisch: Man kann herrlich lange diskutieren, welche Regeländerungen gut wären. (lacht) Der Fußball ist über die Jahre so geblieben, wie er ist und ist mit relativ wenig Veränderungen ausgekommen, und das finde ich gut.

WahreTabelle: Sie arbeiten neben Ihrer Schiedsrichter-Tätigkeit als Controller. Wie lassen sich beide Jobs unter einen Hut bringen?

Osmers: Das lässt sich dann unter einen Hut bringen, wenn man über die Jahre Strukturen entwickelt und auch eine Partnerschaft zum Arbeitgeber und der Familie aufgebaut hat, die den Zeitaufwand inzwischen kennen. Aber es ist immer eine Herausforderung. Ich würde schon sagen, dass man sich mit der Zeit an das Reisen gewöhnt und auch lernt, die Zeit sinnvoll zu nutzen. Das klappt eigentlich ganz gut, es ist eingespielt.

WahreTabelle: Sie haben mal prognostiziert, dass der hauptberufliche Schiedsrichter kommen wird. Wie ist der Stand?

Osmers: Wichtiger ist, dass die Strukturen professionell sind. Damit meine ich von medizinischen Strukturen über Trainingslager bis Vor- und Nachbereitung. Also dass das ganze Angebot auf professionellen Füßen steht. Da ist in den letzten zehn Jahren schon eine riesige Entwicklung passiert. Ich glaube, dass wir aktuell im europäischen Vergleich sehr gut dastehen. Wenn daran in den nächsten Jahren weiterentwickelt wird, dann geht es vielleicht mal in die Richtung der kompletten Professionalisierung.

WahreTabelle: Ein Blick in Ihre Statistik zeigt einen Einsatz in der lettischen Virsliga. Wie ist es dazu gekommen?

Osmers: Da habt ihr eine gute Statistik, dass die sowas überhaupt anzeigt. (lacht) Das war im letzten Sommer, da gab es eine Anfrage vom lettischen Verband an den DFB, ein Spiel in der Liga zu pfeifen. Erster gegen Zweiter. Wir haben den Spielauftrag angenommen und sind nach Riga geflogen. Solche Anfragen gibt es auch von anderen Verbänden, das passiert hin und wieder, aber eher unregelmäßig. Wir waren einen Tag vorher da, dann war das Spiel und einen Tag später wieder zurück. Zwei Nächte also, so wie bei jedem internationalen Einsatz. Einfach eine tolle Erfahrung!

Interview von Pascal Martin

In der Bundesliga sind in dieser Spielzeit bislang 23 Schiedsrichter zum Einsatz gekommen. Einer von ihnen ist Harm Osmers, der seit 2016 im deutschen Oberhaus pfeift und seit vergangener Saison auch international eingesetzt wird. Im WahreTabelle-Interview zieht der Hannoveraner eine Bilanz nach 20 Runden, spricht über das Zusammenspiel mit dem Video-Assistenten und den Umgang mit Fehlern. Zudem verrät Osmers, wie sich seine Tätigkeiten als Schiedsrichter und Controller unter einen Hut bringen lassen und wie es zu einem Spielauftrag in Lettland gekommen ist.

WahreTabelle: Herr Osmers, Sie stehen bei acht Bundesliga-Einsätzen in dieser Spielzeit. Die WT-User geben Ihnen eine Durchschnittsnote von 3,9. Wie bewerten Sie Ihre Leistungen?

Harm Osmers: Damit bin ich im Großen und Ganzen zufrieden. Im Anschluss an die meisten Spiele war ich weniger Thema. Nach der Hinrunde und dem Rückrundenauftakt würde ich allgemein sagen, dass das für uns Schiedsrichter eine solide Leistung war. Bis auf ein paar Ausnahmen sind große Aufreger an Spieltagen ausgeblieben und einige Wochen lang war es komplett geräuschlos.

Von 3,0 bis 4,3: Die Durchschnittsnoten der Bundesliga-Schiedsrichter 2021/22

WahreTabelle: Wie bewerten Sie das aktuelle Zusammenspiel zwischen Schiedsrichter und Video-Assistent?

Osmers: Mein Eindruck ist, dass der Video-Assistent in der Bundesliga angekommen ist, sich auch etabliert und verbessert hat. Anfangs war es eine Veränderung, vielleicht die größte in den vergangenen Jahren. Aber ich gebe mal ein Beispiel: Wir waren vor kurzem in der Conference League unterwegs, in der es keinen Video-Assistenten gibt. Dort hat der Verein berichtet, dass sie in ihrer lokalen Liga auch gerne den VAR hätten, weil dadurch die Qualität besser würde. Ich denke mir dann, wir haben den VAR und trotzdem wird er phasenweise recht kritisch gesehen – wie paradox ist das? Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass Schiedsrichter-Entscheidungen immer ein Stück weit kontrovers diskutiert werden, weil einiges im Ermessensbereich liegt – mit oder ohne Video-Assistent. Aus meiner Sicht ist der Video-Assistent ein gutes Mittel und absolut etabliert. Ich sehe auch eine hohe Akzeptanz, bei faktischen Entscheidungen wie Abseits gibt es kaum noch Diskussionen.

WahreTabelle: Dennoch kommt es regelmäßig zu Kritik.

Osmers: Schiedsrichter-Entscheidungen werden häufig kritisch betrachtet. Ich will gar nicht sagen, dass der Video-Assistent fehlerfrei ist. Aber ich glaube, dass der Video-Assistent einen Nutzen hat dank der Möglichkeit, Szenen noch einmal anzuschauen, und dadurch klare Fehler zu verhindern und den Fußball gerechter zu machen. Ich würde sagen, der Nutzen ist mit Video-Assistent deutlich höher als ohne.

WahreTabelle: Wie sieht nach Ihren Einsätzen eine Analyse aus?

Osmers: Wir machen einmal eine Nachbetrachtung mit Beobachtern und Coaches, die findet schon immer am Spielort in der Kabine statt. Dann gibt es ein, zwei Tage später noch einmal eine Auswertung mit einem Coach, der das Spiel am TV verfolgt hat. Darüber hinaus ist das Wichtigste, dass man sich auch selbstkritisch mit den Dingen befasst. Wenn ich ein Spiel abpfeife, dann merke ich schon, ob das in der Summe gepasst hat oder ob da grobe Fehler drin waren, denn das Feedback lässt nicht lange auf sich warten.

WahreTabelle: Inwieweit lassen Sie bei der Analyse Kritik von Fans, Medien etc. an sich herankommen?

Osmers: Ich verfolge das schon, aber über die Jahre ist das zu einem normalen Umgang geworden. Meine Laune hängt nicht daran, ob ich eine Vier oder eine Zwei bekommen habe, für mich ist eine eigene Einschätzung der Spielleitung sowie die der Coaches und Beobachter wichtig. Aber natürlich ist auch wichtig, dass die Spielleitung und die Entscheidungen auf dem Platz Akzeptanz bei den Beteiligten sowie in der Öffentlichkeit finden. Als Schiedsrichter braucht man ein etwas dickeres Fell, sich auch mit Kritik zu befassen. Das halte ich aus und es gehört auch ein Stück weit dazu.

Community: Hier über Schiedsrichter-Entscheidungen & Co. diskutieren

WahreTabelle: Wie häufig kommt es vor, dass Spieler, Trainer oder andere Beteiligte nach einem Spiel den Austausch mit Ihnen suchen?

Osmers: Das kommt schon vor. Wenn ich ein Thema habe, das mir unter den Nägeln brennt, dann bin ich auch ein Freund davon, das vor Ort zu besprechen und aus der Welt zu räumen. In der Regel kann man nach dem Abpfiff alles besprechen, weil die Emotionen raus sind und alles wieder entspannter ist – das finde ich gut. Ich bin auch der Meinung, dass das sinnvoll ist. Meine Tür steht immer offen, dann kommt nach dem Spiel auch mal ein Spieler, Trainer oder Sportdirektor und fragt oder äußert etwas. Ich habe kein Problem damit, einen Fehler zuzugeben. Dann stehe ich dazu. Wichtig ist nur, dass man das ehrlich miteinander bespricht.

WahreTabelle: Wie gehen Sie mit Fehlentscheidungen um?

Osmers: Es kommt darauf an, zu analysieren, wie das passieren konnte und was die Gründe dafür waren. Man darf keine Angst vor Fehlern haben. Wenn ein Schiedsrichter 250 Entscheidungen im Spiel trifft, dann passieren Fehler – und dann sind das auch mal welche, die wichtig für den Spielausgang sind. Das ist dann natürlich ärgerlich, aber man muss sich klarmachen, dass Fehler passieren. Diese sollte man aber auf ein Minimum beschränken und Ursachen aufarbeiten.

WahreTabelle: Aktuell sind wieder wenig bis gar keine Zuschauer in den Stadien. Inwieweit beeinflusst das Ihre Arbeitsweise?

Osmers: Dass die Zuschauer nicht in den Stadien sind, finde ich persönlich schade. Man gewöhnt sich daran, aber trotzdem fehlt etwas. Weil besonders volle Stadien und die Atmosphäre die Bundesliga ausmachen. Bei der Spielleitung mit Zuschauern ist wesentlich mehr Power drin. Ich genieße das eigentlich und würde mir wünschen, dass das bald wieder möglich wäre.

WahreTabelle: In welchen Momenten packt Sie Ihre Leidenschaft zum Fußball?

Osmers: Ich merke das immer wieder, wenn wir im Spielertunnel stehen und dann ins Stadion einlaufen. Das ist immer wieder ein Gänsehautmoment. Noch einmal etwas anderes ist es, ein Spiel mit Champions-League-Hymne oder ein Länderspiel leiten zu dürfen. Das sind besondere Momente, bei denen ich kurz innehalte.

WahreTabelle: Wie sehr kann man als Schiedsrichter auf diesem Niveau noch Fan sein?

Osmers: Bei einer Bundesliga-Konferenz schaue ich immer auf den Schiedsrichter. Das ist ähnlich wie bei einem Regisseur, der guckt einen Film nicht wie ein Kinogänger, sondern aus der Sicht eines Regisseurs. Wenn das dann noch unterhaltsam ist, habe ich auch nichts dagegen. Die Art und Weise Fußball zu gucken, verlagert sich automatisch.

WahreTabelle: Was ist Ihnen in Ihrer Schiedsrichter-Karriere bislang als Highlight in Erinnerung geblieben?

Osmers: Mein erstes A-Länderspiel, das ich pfeifen durfte, wird mir sicher für immer in Erinnerung bleiben. Es ist deshalb so im Fokus, weil man als deutscher Schiedsrichter aktiv ist und seine Nation vertritt. Mein erstes A-Länderspiel war Zypern gegen Montenegro, das hat schon einen hohen Stellenwert für mich.

71 Bundesliga-Einsätze: Die Leistungsdaten von Harm Osmers im Überblick

WahreTabelle: Sie haben mal gesagt, dass Ihnen eine lange Leine eher liegt als eine strenge Linie. Warum?

Osmers: Pauschal würde das wohl jeder Schiedsrichter von sich behaupten. Ich glaube, dass es momentan der Trend in den zwei höchsten deutschen Ligen ist, am Spiel orientiert zu pfeifen. Denn je höher die Spielklasse, desto weniger Fouls gibt es. Dadurch ist der Fokus auf das Fußballspielen höher. In der Bundesliga kommt es im Durchschnitt vielleicht zu 15 Fouls, in der dritten Liga und in der Regionalliga sind es doppelt so viele. Das zeigt, dass sich der Fußball in die Richtung entwickelt hat, dynamisch zu sein. Daher ist es für den Schiedsrichter wichtig, von Grund auf diese Philosophie anzuwenden und das Spiel zuzulassen. Das heißt nicht, dass man klare Fouls nicht pfeift, im Gegenteil, aber man setzt Grenzen, die so viel wie möglich zulassen und für alle klar sind. Über allem steht Berechenbarkeit in der Spielleitung und im Agieren.

WahreTabelle: Wenn Sie eine Regeländerung umsetzen dürften, welche wäre es?

Osmers: Ich bin ein Verfechter von Zeitstrafen, die es im Jugendbereich gibt. Ich finde das gut, dass es eine Disziplinarmaßnahme dazwischen gibt, also zwischen Gelb und Rot. Dazu würde der Aspekt der Unterzahl für eine gewisse Zeit kommen. Also das Spiel könnte dynamischer werden. Aber ich bin auch realistisch: Man kann herrlich lange diskutieren, welche Regeländerungen gut wären. (lacht) Der Fußball ist über die Jahre so geblieben, wie er ist und ist mit relativ wenig Veränderungen ausgekommen, und das finde ich gut.

WahreTabelle: Sie arbeiten neben Ihrer Schiedsrichter-Tätigkeit als Controller. Wie lassen sich beide Jobs unter einen Hut bringen?

Osmers: Das lässt sich dann unter einen Hut bringen, wenn man über die Jahre Strukturen entwickelt und auch eine Partnerschaft zum Arbeitgeber und der Familie aufgebaut hat, die den Zeitaufwand inzwischen kennen. Aber es ist immer eine Herausforderung. Ich würde schon sagen, dass man sich mit der Zeit an das Reisen gewöhnt und auch lernt, die Zeit sinnvoll zu nutzen. Das klappt eigentlich ganz gut, es ist eingespielt.

WahreTabelle: Sie haben mal prognostiziert, dass der hauptberufliche Schiedsrichter kommen wird. Wie ist der Stand?

Osmers: Wichtiger ist, dass die Strukturen professionell sind. Damit meine ich von medizinischen Strukturen über Trainingslager bis Vor- und Nachbereitung. Also dass das ganze Angebot auf professionellen Füßen steht. Da ist in den letzten zehn Jahren schon eine riesige Entwicklung passiert. Ich glaube, dass wir aktuell im europäischen Vergleich sehr gut dastehen. Wenn daran in den nächsten Jahren weiterentwickelt wird, dann geht es vielleicht mal in die Richtung der kompletten Professionalisierung.

WahreTabelle: Ein Blick in Ihre Statistik zeigt einen Einsatz in der lettischen Virsliga. Wie ist es dazu gekommen?

Osmers: Da habt ihr eine gute Statistik, dass die sowas überhaupt anzeigt. (lacht) Das war im letzten Sommer, da gab es eine Anfrage vom lettischen Verband an den DFB, ein Spiel in der Liga zu pfeifen. Erster gegen Zweiter. Wir haben den Spielauftrag angenommen und sind nach Riga geflogen. Solche Anfragen gibt es auch von anderen Verbänden, das passiert hin und wieder, aber eher unregelmäßig. Wir waren einen Tag vorher da, dann war das Spiel und einen Tag später wieder zurück. Zwei Nächte also, so wie bei jedem internationalen Einsatz. Einfach eine tolle Erfahrung!

Interview von Pascal Martin

Diese News betrifft folgende Schiedsrichter:

Harm Osmers Name : Harm Osmers
Geburtsdatum: 28.01.1985
Ort: Hannover

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Harm Osmers
Name : Harm Osmers
Geburtsdatum: 28.01.1985
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28.01.2022 17:17


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