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28.04.2016 14:57 Uhr | Quelle: WahreTabelle

Schiedsrichterball: Ein Mainzer im Tiefflug

Kolumne: Johannes Gründel erklärt bei WahreTabelle das Regelwerk und strittige Fußball-Szenen.

Johannes Gründel
Johannes Gründel
Zwayer / Frankfurt
Quelle: Imago Sportfoto
FIFA-Schiedsrichter Felix Zwayer (r.) hatte mit der Partie Eintracht Frankfurt (mit David Abraham, l.) und dem 1. FSV Mainz 05 eine brisante Partie zu leiten.

Johannes Gründel
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Felix Zwayer ist zu beneiden. Der Berliner FIFA-Referee leitete am vergangenen Sonntag in der Fußball-Bundesliga das Nachbarschaftsduell zwischen der SG Eintracht Frankfurt und dem 1. FSV Mainz 05 (2:1). Gleich drei Platzverweisszenen hatte er dabei zu bewerten und auch sonst war das Spiel eine große Herausforderung.

Gegenstand dieser Kolumne soll die erste Platzverweisszene sein. Diese fand in der 27. Minute statt, als der Mainzer Torschütze Daniel Brosinski an der Seitenlinie Frankfurts Mijat Gacinovic „abräumte“. Zu dessen Glück traf der Mainzer zuvor den Ball, was die Intensität etwas abschwächte. Felix Zwayer, dessen Sicht im entscheidenden Moment durch Pablo de Blasis versperrt war, entschied auf Freistoß und gab Gelb. Über die Farbe der Karte ist jedoch zu diskutieren. Hierfür muss man sich vor Augen führen, was die Regeln und Verbände für grobes Foulspiel vorschreiben. Das Regelwerk ist da flexibel:

„Übermäßige Härte“ liegt vor, wenn ein Spieler übertrieben hart in einen Zweikampf geht und die Verletzung des Gegners in Kauf nimmt.

„Übermäßige Härte“ zieht einen Feldverweis nach sich.“ (…)

Ein Spieler begeht ein grobes Foul, wenn er bei laufendem Spiel im Kampf um den Ball übermäßig hart oder brutal in einen Zweikampf einsteigt.

Gefährdet ein Spieler in einem Zweikampf die Gesundheit seines Gegners, ist dies als grobes Foul zu ahnden.

Ein Spieler, der im Kampf um den Ball von vorne, von der Seite oder von hinten mit einem oder beiden Beinen in einen Gegenspieler hineinspringt und durch übertriebene Härte die Gesundheit des Gegners gefährdet, begeht ein grobes Foul.

Von den Verbänden wird vorrangig auf die Brutalität des Einsteigens oder die (objektive) Gesundheitsgefährdung abgestellt. Dabei ist der Begriff „Einsteigen“ aber missverständlich, da es vor allem um den konkreten Treffer geht, erst in zweiter Linie um das vorherige Geschehen (in der Umgangssprache als „Einsteigen“ bezeichnet).

Für grobes Foulspiel gibt es zwei „Schablonen“-Szenen. Zum einen die Grätsche von hinten ohne Chance auf den Ball, zum anderen ein Volltreffer mit offener Sohle oberhalb des Schuhrands. Beides wird unabhängig von der Intention des Spielers mit einer Roten Karte bestraft. Man darf daraus aber auf keinen Fall den Umkehrschluss ziehen, dass eine Grätsche von vorne mit Treffer unterhalb des Schuhrands nicht doch eine Rote Karte sein kann. Sie kann ja weiterhin brutal sein. Solche Situationen sind dann aber die Ausnahme.

Zurück zu Felix Zwayer und Daniel Brosinski: Der Mainzer Rechtsverteidiger traf seinen Gegner mit der offenen Sohle am Schienbein. Mit Hilfe der Zeitlupen kann man also die zweite Schablone anlegen und kommt zu dem Schluss: Das war grobes Foulspiel. Dass Brosinski zuvor den Ball getroffen hat, ist unerheblich, da die Gesundheitsgefährdung beim Opfer nicht direkt davon abhängt, ob zuvor der Ball gespielt wurde oder nicht. Wenn es also, wie hier, trotz gespielten Balles bei einem Volltreffer mit offener Sohle oberhalb des Schuhrands bleibt, ist es auch Rot.

Jetzt kann man sich natürlich fragen: Wenn die Schablonen so klar sind, warum hat dann Zwayer nur Gelb gegeben? Dazu vorab: Grobe Foulspiele sind sehr schwierig zu beurteilen. Der erste Gedankenblitz ist auch bei einem bösen Einsteigen, vor allem in der Anfangsphase oder einem ruhigen Spiel, „Gelb“ und nicht „Rot“. Die Schiedsrichter werden darauf geschult, ihrer ersten Intuition zu vertrauen, da sie in aller Regel die Richtige ist.

Beim groben Foulspiel aber ist das anders. Da sollte man sich die Zeit nehmen, die Situation vor dem geistigen Auge noch einmal ablaufen zu lassen. Leider tat das Felix Zwayer nicht. Er rannte schon mit der Gelben Karte in der Hand zum Tatort, sodass er sich festgelegt hat, ohne sich die Situation nochmal vor Augen zu führen.

Der Hintergrund ist klar: Eine schnelle Entscheidung wirkt selbstsicher und erstickt den Protest zumindest von einer Seite schon im Keim. Das Problem beim groben Foulspiel: Die eine Mannschaft fordert Rot, die andere findet das Foul schon überzogen („war doch der Ball dabei“). Mit Gelb ist also jeder unzufrieden. Deshalb sollte man sich in solchen Situationen als Schiedsrichter nicht dazu verleiten lassen, sich vorschnell (falsch) festzulegen.

An dieser Stelle spielt jedoch noch ein anderer Aspekt hinein. Pablo de Blasis versperrt Felix Zwayer die Sicht im entscheidenden Moment, sodass dieser den genauen Treffer gar nicht wahrnehmen kann. Und dann stellt sich für ihn die Frage nach dem groben Foulspiel auch nicht. Deshalb ist die schnelle Festlegung aus seiner Wahrnehmung doch wieder „richtig“.

Es kommt einfach maßgeblich auf die Wahrnehmung an…

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Gegenstand dieser Kolumne soll die erste Platzverweisszene sein. Diese fand in der 27. Minute statt, als der Mainzer Torschütze Daniel Brosinski an der Seitenlinie Frankfurts Mijat Gacinovic „abräumte“. Zu dessen Glück traf der Mainzer zuvor den Ball, was die Intensität etwas abschwächte. Felix Zwayer, dessen Sicht im entscheidenden Moment durch Pablo de Blasis versperrt war, entschied auf Freistoß und gab Gelb. Über die Farbe der Karte ist jedoch zu diskutieren. Hierfür muss man sich vor Augen führen, was die Regeln und Verbände für grobes Foulspiel vorschreiben. Das Regelwerk ist da flexibel:

„Übermäßige Härte“ liegt vor, wenn ein Spieler übertrieben hart in einen Zweikampf geht und die Verletzung des Gegners in Kauf nimmt.

„Übermäßige Härte“ zieht einen Feldverweis nach sich.“ (…)

Ein Spieler begeht ein grobes Foul, wenn er bei laufendem Spiel im Kampf um den Ball übermäßig hart oder brutal in einen Zweikampf einsteigt.

Gefährdet ein Spieler in einem Zweikampf die Gesundheit seines Gegners, ist dies als grobes Foul zu ahnden.

Ein Spieler, der im Kampf um den Ball von vorne, von der Seite oder von hinten mit einem oder beiden Beinen in einen Gegenspieler hineinspringt und durch übertriebene Härte die Gesundheit des Gegners gefährdet, begeht ein grobes Foul.

Von den Verbänden wird vorrangig auf die Brutalität des Einsteigens oder die (objektive) Gesundheitsgefährdung abgestellt. Dabei ist der Begriff „Einsteigen“ aber missverständlich, da es vor allem um den konkreten Treffer geht, erst in zweiter Linie um das vorherige Geschehen (in der Umgangssprache als „Einsteigen“ bezeichnet).

Für grobes Foulspiel gibt es zwei „Schablonen“-Szenen. Zum einen die Grätsche von hinten ohne Chance auf den Ball, zum anderen ein Volltreffer mit offener Sohle oberhalb des Schuhrands. Beides wird unabhängig von der Intention des Spielers mit einer Roten Karte bestraft. Man darf daraus aber auf keinen Fall den Umkehrschluss ziehen, dass eine Grätsche von vorne mit Treffer unterhalb des Schuhrands nicht doch eine Rote Karte sein kann. Sie kann ja weiterhin brutal sein. Solche Situationen sind dann aber die Ausnahme.

Zurück zu Felix Zwayer und Daniel Brosinski: Der Mainzer Rechtsverteidiger traf seinen Gegner mit der offenen Sohle am Schienbein. Mit Hilfe der Zeitlupen kann man also die zweite Schablone anlegen und kommt zu dem Schluss: Das war grobes Foulspiel. Dass Brosinski zuvor den Ball getroffen hat, ist unerheblich, da die Gesundheitsgefährdung beim Opfer nicht direkt davon abhängt, ob zuvor der Ball gespielt wurde oder nicht. Wenn es also, wie hier, trotz gespielten Balles bei einem Volltreffer mit offener Sohle oberhalb des Schuhrands bleibt, ist es auch Rot.

Jetzt kann man sich natürlich fragen: Wenn die Schablonen so klar sind, warum hat dann Zwayer nur Gelb gegeben? Dazu vorab: Grobe Foulspiele sind sehr schwierig zu beurteilen. Der erste Gedankenblitz ist auch bei einem bösen Einsteigen, vor allem in der Anfangsphase oder einem ruhigen Spiel, „Gelb“ und nicht „Rot“. Die Schiedsrichter werden darauf geschult, ihrer ersten Intuition zu vertrauen, da sie in aller Regel die Richtige ist.

Beim groben Foulspiel aber ist das anders. Da sollte man sich die Zeit nehmen, die Situation vor dem geistigen Auge noch einmal ablaufen zu lassen. Leider tat das Felix Zwayer nicht. Er rannte schon mit der Gelben Karte in der Hand zum Tatort, sodass er sich festgelegt hat, ohne sich die Situation nochmal vor Augen zu führen.

Der Hintergrund ist klar: Eine schnelle Entscheidung wirkt selbstsicher und erstickt den Protest zumindest von einer Seite schon im Keim. Das Problem beim groben Foulspiel: Die eine Mannschaft fordert Rot, die andere findet das Foul schon überzogen („war doch der Ball dabei“). Mit Gelb ist also jeder unzufrieden. Deshalb sollte man sich in solchen Situationen als Schiedsrichter nicht dazu verleiten lassen, sich vorschnell (falsch) festzulegen.

An dieser Stelle spielt jedoch noch ein anderer Aspekt hinein. Pablo de Blasis versperrt Felix Zwayer die Sicht im entscheidenden Moment, sodass dieser den genauen Treffer gar nicht wahrnehmen kann. Und dann stellt sich für ihn die Frage nach dem groben Foulspiel auch nicht. Deshalb ist die schnelle Festlegung aus seiner Wahrnehmung doch wieder „richtig“.

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