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09.04.2015 21:16 Uhr | Quelle: WahreTabelle

Schiedsrichterball: Vom Kung Fu im Fußball

Kolumne: Johannes Gründel erklärt bei WahreTabelle das Regelwerk und strittige Szenen der Bundesliga. 

Johannes Gründel
Johannes Gründel
Thiago / Kießling
Quelle: Imago Sportfoto
Kung Fu in Leverkusen: Bayern Münchens Thiago mit vollem Einsatz gegen Bayer-Stürmer Stefan Kießling (l.).

Johannes Gründel
Johannes Gründel

FIFA-Schiedsrichter Felix Zwayer (33) war am Mittwoch wahrlich nicht zu beneiden. Ein absolutes Spitzenspiel im DFB-Pokal zwischen Bayer Leverkusen und dem FC Bayern München zu pfeifen, ist ein Vertrauensbeweis für jeden Schiedsrichter. Gleichzeitig ist es aber auch eine Herausforderung. Der Berliner hatte es hier mit einem Spiel der Kategorie 3 – „Sehr schwer zu leiten“ – zu tun. Knifflige und umstrittene Situationen folgten hochfrequentiert aufeinander.

Vor jedem Spiel muss sich ein Schiedsrichter seine Linie genau überlegen: Lasse ich das Spiel laufen oder pfeife ich alles raus? Beim Aufeinandertreffen von Tabellenvierten und Spitzenreiter der Fußball-Bundesliga kann man zurecht von einer gewissen Spielstärke der beiden Teams – und damit verbundenen Möglichkeit, das Spiel laufen zu lassen – ausgehen. Dementsprechend wählte Zwayer in der ersten Halbzeit eine großzügige Linie. Als das Spiel dann ruppiger wurde, musste er seine Linie korrigieren und wurde sehr kleinlich. Das mag auf den ersten Blick wie das Eingeständnis eines Fehlers erscheinen. In Wirklichkeit ist so ein Verhalten aber von den Verbänden gewünscht: Ein guter Schiedsrichter soll seine Linie dem Spielverlauf anpassen und ständig korrigieren. Deshalb ist die perfekte Linie für einen Schiedsrichter immer verschlungen, da es kein Spiel gibt, in dem die Intensität über die kompletten 90 Minuten konstant auf einem Niveau ist.

Besondere Aufregung neben der Sitzgelegenheit eines spanischen Trainers erlangte ein Foul dessen Landsmanns Thiago Alcántara an Leverkusens Stefan Kießling in der Nachspielzeit. Nur den Ball im Blick sprang er in Bruce-Lee-Manier durch die Luft und traf den ehemaligen Nationalspieler im oberen Brustbereich mit der offenen Sohle. Das war definitiv keine böse Absicht, wahrscheinlich hatte Thiago Kießling nicht einmal gesehen. Dennoch kann es hier nur die Rote Karte geben: Ein grobes Foulspiel, das dementsprechend mit Rot zu ahnden ist, liegt gemäß den Erläuterungen zur Regel 12 dann vor, wenn die Gesundheit des Gegenspielers durch das Einsteigen (und den damit verbundenen Treffer) gefährdet wird. Als Faustformel gilt, dass insbesondere, aber eben nicht nur ein Volltreffer (1) mit offener Sohle (2) oberhalb des Schuhrandes (3) im Regelfall mit Rot zu ahnden ist. Diese drei Kriterien sind hier erfüllt, die Gesundheitsgefährdung bei Kießling ist aber auch anderweitig gut zu erkennen: Kießling musste unmittelbar danach verletzt ausgewechselt werden. Zwar darf die Schwere der Verletzung nicht für die Karte maßgeblich sein, sondern lediglich das Einsteigen selbst. Aber als unmittelbare Folge des Einsteigens ist eine erfolgte Verletzung (und damit Gesundheitsbeeinträchtigung) doch ein ganz gutes Indiz dafür, dass die Gesundheit auch wirklich gefährdet war.

Felix Zwayer hat sich hier zu früh auf Gelb festgelegt. Von seinem Blickwinkel kann er nicht sicher sehen, ob Kießling voll getroffen wurde oder nur einen „Streifschuss“ abbekommen hat. Deshalb ist die Verlockung, im Zweifel zu Gelb zu greifen, natürlich groß. Die Karte sofort rauszuziehen, wirkt sicherer bei der Entscheidung und hält häufig zumindest eine Mannschaft – nämlich die, die mit der Farbe einverstanden ist – vom Meckern ab. Hätte sich Zwayer hier aber mehr Zeit gelassen, auf Kießling geschaut, der offensichtlich nicht simuliert hat und sich mit seinen Assistenten abgesprochen, wäre er möglicherweise zur richtigen Entscheidung gekommen. Und diese musste lauten, Thiago des Feldes zu verweisen. Bei der Sichtung der TV-Bilder im Coaching nach dem Spiel wird er wahrscheinlich vor Schreck über seine Entscheidung erstarrt sein. Aber das ist nur Spekulation.

Spekulativ ist auch die gerne geäußerte Behauptung, dass Spieler aller anderen Vereine in dieser Szene Rot bekommen hätten. Allerdings gibt es hier genügend Gegenbeispiele für ähnliche Szenen, die auch nur mit Gelb bewertet wurden: Man denke nur an Nigel de Jong im WM-Finale 2010 zwischen den Niederlanden und Spanien (0:1 n. V.) oder an Tim Wieses Einsteigen gegen Ivica Olic im Nord-Derby zwischen dem Hamburger SV und Werder Bremen (0:1, 2008).

Generell ist der Bayern-Bonus nur ein Mythos, befeuert durch die höhere mediale Beachtung und Polarität des Rekordmeisters. 
Viele haben sich über Guardiolas Sprint zur Eckfahne beschwert. Doch wer erinnert sich daran, dass wenige Monate zuvor Armin Veh ein ähnliches, sogar noch aggressiveres Verhalten an den Tag gelegt hatte und auch nicht auf die Tribüne verwiesen wurde? So schön sich der Bayern-Bonus auch für den Stammtisch anhört: Viel wahrscheinlicher als eine bewusste oder unbewusste Bevorzugung der Münchner ist eine Kombination aus selektiver und medial selektierter Wahrnehmung…

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FIFA-Schiedsrichter Felix Zwayer (33) war am Mittwoch wahrlich nicht zu beneiden. Ein absolutes Spitzenspiel im DFB-Pokal zwischen Bayer Leverkusen und dem FC Bayern München zu pfeifen, ist ein Vertrauensbeweis für jeden Schiedsrichter. Gleichzeitig ist es aber auch eine Herausforderung. Der Berliner hatte es hier mit einem Spiel der Kategorie 3 – „Sehr schwer zu leiten“ – zu tun. Knifflige und umstrittene Situationen folgten hochfrequentiert aufeinander.

Vor jedem Spiel muss sich ein Schiedsrichter seine Linie genau überlegen: Lasse ich das Spiel laufen oder pfeife ich alles raus? Beim Aufeinandertreffen von Tabellenvierten und Spitzenreiter der Fußball-Bundesliga kann man zurecht von einer gewissen Spielstärke der beiden Teams – und damit verbundenen Möglichkeit, das Spiel laufen zu lassen – ausgehen. Dementsprechend wählte Zwayer in der ersten Halbzeit eine großzügige Linie. Als das Spiel dann ruppiger wurde, musste er seine Linie korrigieren und wurde sehr kleinlich. Das mag auf den ersten Blick wie das Eingeständnis eines Fehlers erscheinen. In Wirklichkeit ist so ein Verhalten aber von den Verbänden gewünscht: Ein guter Schiedsrichter soll seine Linie dem Spielverlauf anpassen und ständig korrigieren. Deshalb ist die perfekte Linie für einen Schiedsrichter immer verschlungen, da es kein Spiel gibt, in dem die Intensität über die kompletten 90 Minuten konstant auf einem Niveau ist.

Besondere Aufregung neben der Sitzgelegenheit eines spanischen Trainers erlangte ein Foul dessen Landsmanns Thiago Alcántara an Leverkusens Stefan Kießling in der Nachspielzeit. Nur den Ball im Blick sprang er in Bruce-Lee-Manier durch die Luft und traf den ehemaligen Nationalspieler im oberen Brustbereich mit der offenen Sohle. Das war definitiv keine böse Absicht, wahrscheinlich hatte Thiago Kießling nicht einmal gesehen. Dennoch kann es hier nur die Rote Karte geben: Ein grobes Foulspiel, das dementsprechend mit Rot zu ahnden ist, liegt gemäß den Erläuterungen zur Regel 12 dann vor, wenn die Gesundheit des Gegenspielers durch das Einsteigen (und den damit verbundenen Treffer) gefährdet wird. Als Faustformel gilt, dass insbesondere, aber eben nicht nur ein Volltreffer (1) mit offener Sohle (2) oberhalb des Schuhrandes (3) im Regelfall mit Rot zu ahnden ist. Diese drei Kriterien sind hier erfüllt, die Gesundheitsgefährdung bei Kießling ist aber auch anderweitig gut zu erkennen: Kießling musste unmittelbar danach verletzt ausgewechselt werden. Zwar darf die Schwere der Verletzung nicht für die Karte maßgeblich sein, sondern lediglich das Einsteigen selbst. Aber als unmittelbare Folge des Einsteigens ist eine erfolgte Verletzung (und damit Gesundheitsbeeinträchtigung) doch ein ganz gutes Indiz dafür, dass die Gesundheit auch wirklich gefährdet war.

Felix Zwayer hat sich hier zu früh auf Gelb festgelegt. Von seinem Blickwinkel kann er nicht sicher sehen, ob Kießling voll getroffen wurde oder nur einen „Streifschuss“ abbekommen hat. Deshalb ist die Verlockung, im Zweifel zu Gelb zu greifen, natürlich groß. Die Karte sofort rauszuziehen, wirkt sicherer bei der Entscheidung und hält häufig zumindest eine Mannschaft – nämlich die, die mit der Farbe einverstanden ist – vom Meckern ab. Hätte sich Zwayer hier aber mehr Zeit gelassen, auf Kießling geschaut, der offensichtlich nicht simuliert hat und sich mit seinen Assistenten abgesprochen, wäre er möglicherweise zur richtigen Entscheidung gekommen. Und diese musste lauten, Thiago des Feldes zu verweisen. Bei der Sichtung der TV-Bilder im Coaching nach dem Spiel wird er wahrscheinlich vor Schreck über seine Entscheidung erstarrt sein. Aber das ist nur Spekulation.

Spekulativ ist auch die gerne geäußerte Behauptung, dass Spieler aller anderen Vereine in dieser Szene Rot bekommen hätten. Allerdings gibt es hier genügend Gegenbeispiele für ähnliche Szenen, die auch nur mit Gelb bewertet wurden: Man denke nur an Nigel de Jong im WM-Finale 2010 zwischen den Niederlanden und Spanien (0:1 n. V.) oder an Tim Wieses Einsteigen gegen Ivica Olic im Nord-Derby zwischen dem Hamburger SV und Werder Bremen (0:1, 2008).

Generell ist der Bayern-Bonus nur ein Mythos, befeuert durch die höhere mediale Beachtung und Polarität des Rekordmeisters. 
Viele haben sich über Guardiolas Sprint zur Eckfahne beschwert. Doch wer erinnert sich daran, dass wenige Monate zuvor Armin Veh ein ähnliches, sogar noch aggressiveres Verhalten an den Tag gelegt hatte und auch nicht auf die Tribüne verwiesen wurde? So schön sich der Bayern-Bonus auch für den Stammtisch anhört: Viel wahrscheinlicher als eine bewusste oder unbewusste Bevorzugung der Münchner ist eine Kombination aus selektiver und medial selektierter Wahrnehmung…

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Eine Fehlentscheidung am 32. Spieltag. 

Tobias Welz beim Elfmeterpfiff.

Die Auswertung des 32. Spieltages der Bundesliga hat eine Fehlentscheidung der Unparteiischen ergeben. Beim Topspiel am Samstagmittag zwischen dem VfB Stuttgart und dem FC Bayern glich der Rekordmeister in der 37. Minute durch einen Elfmeter von Harry Kane aus, diesen hätte es nach Ansicht der WahreTabelle-Community aber nicht geben dürfen. 32. Spieltag: Alle strittigen Szenen im Überblick Waldemar Anton erwischte Serge Gnabry in einem Zweikampf mit der Hand im Gesicht, woraufhin der Bayern-Angreifer zu Boden sank. Der VAR griff aufgrund des klar zu erkennenden Kontaktes nicht ein, für die WT-User war dieser allerdings nicht ausschlaggebend für den Fall. „Ta...

30.04.2024 14:07 Uhr | Quelle: WahreTabelle Auswertung 31. Spieltag: Drama in Mainz – Köln mit Glück in der Nachspielzeit

Zwei Korrekturen im Abstiegsduell

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Die Auswertung des 31. Spieltages hat zwei Korrekturen ergeben, beide beim Duell im Abstiegskampf zwischen Mainz 05 und dem 1. FC Köln. Beide Male wurde dabei das Heimteam benachteiligt. Zum einen flog Phillipp Mwene in der Nachspielzeit nach Ansicht des Kompetenzteams zu Unrecht mit Rot vom Platz – alle sieben Mitglieder stimmen dafür, dass eine Gelbe Karte gereicht hätte. Schon zuvor hätte es den späten 1:1-Ausgleich durch den Foulelfmeter nicht geben dürfen. 31. Spieltag: Alle strittigen Szenen im Überblick Robin Zentner kam in der 91. Minute bei einer Flanke aus dem Tor heraus und räumte Effzeh-Stürmer Sargis Adamyan ab. Schie...

23.04.2024 16:36 Uhr | Quelle: WahreTabelle Auswertung 30. Spieltag: Freiburgs Kübler hätte gegen Mainz Rot sehen müssen

Eine Fehlentscheidung im Fokus

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Ein Foulspiel im Duell zwischen dem SC Freiburg und Mainz 05 (1:1) war der größte Aufreger in der WT-Community am 30. Spieltag. Freiburgs Lukas Kübler trat seinem Gegenspieler Jae-sung Lee in der 30. Minute auf den Knöchel und wurde dafür von Schiedsrichter Marco Fritz verwarnt. Die User hätten den Verteidiger für dieses Vergehen allerdings vom Platz gestellt. 30. Spieltag: Alle strittigen Szenen im Überblick 73,9 Prozent der User votierten für eine Rote Karte für den Freiburger. Auch innerhalb des Kompetenzteams ging die Tendenz in Richtung Platzverweis: Drei von vier KT-Mitgliedern stimmten dafür. „...

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UEFA gibt bekannt

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16.04.2024 13:06 Uhr | Quelle: WahreTabelle Auswertung 29. Spieltag: Diskussionen um zwei Leverkusen-Tore und mögliche Rote Karten

Mehrere strittige Szenen im Fokus

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Erstmals seit dem 17. Spieltag hat es nach einem Bundesliga-Wochenende keine Ergebniskorrektur durch die WT-Community gegeben. Dennoch wurden vier strittige Szenen diskutiert, von denen zwei beim Duell zwischen Bayer Leverkusen und Werder Bremen (5:0) stattgefunden haben. 29. Spieltag: Alle strittigen Szenen im Überblick In beiden Fällen waren sich die Mitglieder des Kompetenzteams sowie die WT-User uneins. Jeweils mit einer knappen Mehrheit hätten die User den Elfmeter, der zum 1:0 führte, nicht gepfiffen und das 2:0, bei dem eine Abseitsstellung thematisiert wurde, nicht zählen lassen. Die KT-Mitglieder stärkten jedoch S...