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12.02.2015 22:28 Uhr | Quelle: WahreTabelle.de

Schiedsrichterball: Viel Lärm um einen alten Hut

Kolumne: Johannes Gründel erklärt bei WahreTabelle.de das Regelwerk und strittige Szenen der Bundesliga. 

Johannes Gründel
Johannes Gründel
Boateng / Schalke
Quelle: Imago Sportfoto / Archivbild
Die Sperre von Weltmeister Jérome Boateng, im Bild von Schiedsrichter Bastian Dankert aus Rostock vom Platz gestellt, ist auch ein Fall für den WahreTabelle-Kolumnisten Johannes Gründel.

Johannes Gründel
Johannes Gründel

Es gibt immer wieder Sportgerichtsfälle, die für großen Wirbel sorgen und, je nachdem, wen man fragt, gleichzeitig sowohl „völlig richtig“ als auch „absolut absurd“ entschieden wurden. Man denke nur an das Relegationsspiel 2012 oder diverse Phantomtore. Das Potenzial in diese Reihe aufgenommen zu werden hat, das „Boateng-Urteil“, welches das DFB-Sportgericht am Montag ausgesprochen hat.

Dieses Urteil ist aus einem Grund bemerkenswert, hat aber wegen einer anderen und eigentlich schon alten Facette bei Medien und Fans heftige Reaktionen hervorgerufen. Bemerkenswert an diesem Urteil ist, dass der DFB seine Rechtsprechung aus dem letzten Jahr, wonach eine Wiederholungstat nicht berücksichtigt wird, wenn entweder die alte oder die neue Tat mit nur einem Spiel Sperre bewertet wurde, auch auf Notbremsen erweitert hat. Das ist neu und schafft damit einen Präzedenzfall, an dem sich das Sportgericht in Zukunft messen lassen muss.

Die alte Regelung war durchaus sinnvoll: Aufgrund der Tatsache, dass auch falsche Rote Karten pauschal mit einem Spiel Sperre sanktioniert werden, drohte andernfalls die Gefahr, dass ein Spieler aufgrund einer Fehlentscheidung des Schiedsrichters als Wiederholungstäter gilt und deshalb zu Unrecht ein zusätzliche Spiel Sperre absitzen muss. Bei Notbremsen will der DFB jetzt also auch keine Wiederholungstäter haben. Das ist eine sportrechtspolitische Entscheidung, die man gut oder schlecht finden kann. Für beide Seiten gibt es sicherlich gute Argumente. Wichtig ist aber, dass sie konsequent umgesetzt wird.

Der größere Aufreger war aber die Berechnung der Sperre. Sportgerichtlich eigentlich ein alter Hut, wurden hier doch einige Faktoren durcheinandergebracht und so der Volkszorn geschürt. Zunächst ist es falsch, dass die Sperre verschärft wird, wenn der Torhüter den Elfmeter hält. Andersherum wird ein Schuh draus: Die Standardsperre bei Notbremsen beträgt zwei Spiele. Wenn der anschließende Freistoß/Strafstoß verwandelt wird, wird die Sperre um ein Spiel gemildert. Der Grund dafür ist auch nachvollziehbar: Die Unsportlichkeit der Notbremse liegt darin, dass dem Gegner die Gelegenheit, ein Tor zu erzielen, mit unfairen Mitteln vorenthalten wird – in Österreich wird die Notbremse schön plastisch auch „Tor-Raub“ genannt. Wenn der Frei- oder Strafstoß verwandelt wird, hat sich diese Unsportlichkeit aber gerade nicht verwirklicht. In der Regel wird die versuchte Tat aber milder bestraft als die vollendete Tat – die Torverhinderung. Das ist in der Sportgerichtsbarkeit nicht anders als im normalen Strafrecht. Dadurch, dass Manuel Neuer im Spiel FC Bayern München – FC Schalke 04 (1:1) den Elfmeter gehalten hat, kam Jérome Boateng nicht in den Genuss der Strafreduzierung, sodass es für ihn bei der Regelsperre von zwei Spielen blieb.

Populistisch aufstachelnd konnte man gleich von Beispielsfällen lesen, in denen ein Torhüter bei klarer Führung doch den Strafstoß absichtlich ins Tor lassen solle, damit sein Mitspieler kürzer gesperrt würde. Das erscheint auf den ersten Blick plausibel, aber erweist sich bei näherer Betrachtung doch als schwaches Argument: Erstens wird eine abstrakte Regel immer so geschaffen, dass sie den Regelfall befriedigend löst und sie kann nicht immer jede noch so exotische Sonderkonstellation perfekt beantworten. Zweitens würden sich Torhüter selbst der Spielmanipulation schuldig machen und ihnen drohte daher – von Nachweisschwierigkeiten mal abgesehen – eine sehr lange Sperre, wenn sie den Elfmeter absichtlich reinlassen würden. Vor allem aber machen die wenigsten Verteidiger bei klarer Führung eine Notbremse – da wird dem Gegner lieber das Tor zugelassen statt eine Rote Karte zu riskieren. Und wenn es doch ein Spieler mal täte, hat das Sportgericht immer noch die Möglichkeit, aufgrund der „Unnötigkeit“ der Notbremse von der Standardstrafe nach oben hin abzuweichen.

Ein Wort sei noch zum Ton der Diskussion gesagt, der teilweise relativ paranoid wurde. Und zwar sollte man sich stets einen Fakt vor Augen führen. Der Vorsitzende des DFB-Sportgerichts, Hans E. Lorenz (63), ist kein beliebiger DFB-Funktionär, sondern seines Zeichens selbst Jurist und Vorsitzender Richter an der Großen Strafkammer des Landgerichts Mainz. Dieser Mann ist also schon von Berufswegen in der Lage, neutral und mit Justitias Augenbinde an ein Verfahren heranzugehen. Man darf ihm also durchaus zutrauen, dass er ohne den viel beschworenen „Nationalspieler“- oder „Bayern-Bonus“ entscheiden kann.

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Dieses Urteil ist aus einem Grund bemerkenswert, hat aber wegen einer anderen und eigentlich schon alten Facette bei Medien und Fans heftige Reaktionen hervorgerufen. Bemerkenswert an diesem Urteil ist, dass der DFB seine Rechtsprechung aus dem letzten Jahr, wonach eine Wiederholungstat nicht berücksichtigt wird, wenn entweder die alte oder die neue Tat mit nur einem Spiel Sperre bewertet wurde, auch auf Notbremsen erweitert hat. Das ist neu und schafft damit einen Präzedenzfall, an dem sich das Sportgericht in Zukunft messen lassen muss.

Die alte Regelung war durchaus sinnvoll: Aufgrund der Tatsache, dass auch falsche Rote Karten pauschal mit einem Spiel Sperre sanktioniert werden, drohte andernfalls die Gefahr, dass ein Spieler aufgrund einer Fehlentscheidung des Schiedsrichters als Wiederholungstäter gilt und deshalb zu Unrecht ein zusätzliche Spiel Sperre absitzen muss. Bei Notbremsen will der DFB jetzt also auch keine Wiederholungstäter haben. Das ist eine sportrechtspolitische Entscheidung, die man gut oder schlecht finden kann. Für beide Seiten gibt es sicherlich gute Argumente. Wichtig ist aber, dass sie konsequent umgesetzt wird.

Der größere Aufreger war aber die Berechnung der Sperre. Sportgerichtlich eigentlich ein alter Hut, wurden hier doch einige Faktoren durcheinandergebracht und so der Volkszorn geschürt. Zunächst ist es falsch, dass die Sperre verschärft wird, wenn der Torhüter den Elfmeter hält. Andersherum wird ein Schuh draus: Die Standardsperre bei Notbremsen beträgt zwei Spiele. Wenn der anschließende Freistoß/Strafstoß verwandelt wird, wird die Sperre um ein Spiel gemildert. Der Grund dafür ist auch nachvollziehbar: Die Unsportlichkeit der Notbremse liegt darin, dass dem Gegner die Gelegenheit, ein Tor zu erzielen, mit unfairen Mitteln vorenthalten wird – in Österreich wird die Notbremse schön plastisch auch „Tor-Raub“ genannt. Wenn der Frei- oder Strafstoß verwandelt wird, hat sich diese Unsportlichkeit aber gerade nicht verwirklicht. In der Regel wird die versuchte Tat aber milder bestraft als die vollendete Tat – die Torverhinderung. Das ist in der Sportgerichtsbarkeit nicht anders als im normalen Strafrecht. Dadurch, dass Manuel Neuer im Spiel FC Bayern München – FC Schalke 04 (1:1) den Elfmeter gehalten hat, kam Jérome Boateng nicht in den Genuss der Strafreduzierung, sodass es für ihn bei der Regelsperre von zwei Spielen blieb.

Populistisch aufstachelnd konnte man gleich von Beispielsfällen lesen, in denen ein Torhüter bei klarer Führung doch den Strafstoß absichtlich ins Tor lassen solle, damit sein Mitspieler kürzer gesperrt würde. Das erscheint auf den ersten Blick plausibel, aber erweist sich bei näherer Betrachtung doch als schwaches Argument: Erstens wird eine abstrakte Regel immer so geschaffen, dass sie den Regelfall befriedigend löst und sie kann nicht immer jede noch so exotische Sonderkonstellation perfekt beantworten. Zweitens würden sich Torhüter selbst der Spielmanipulation schuldig machen und ihnen drohte daher – von Nachweisschwierigkeiten mal abgesehen – eine sehr lange Sperre, wenn sie den Elfmeter absichtlich reinlassen würden. Vor allem aber machen die wenigsten Verteidiger bei klarer Führung eine Notbremse – da wird dem Gegner lieber das Tor zugelassen statt eine Rote Karte zu riskieren. Und wenn es doch ein Spieler mal täte, hat das Sportgericht immer noch die Möglichkeit, aufgrund der „Unnötigkeit“ der Notbremse von der Standardstrafe nach oben hin abzuweichen.

Ein Wort sei noch zum Ton der Diskussion gesagt, der teilweise relativ paranoid wurde. Und zwar sollte man sich stets einen Fakt vor Augen führen. Der Vorsitzende des DFB-Sportgerichts, Hans E. Lorenz (63), ist kein beliebiger DFB-Funktionär, sondern seines Zeichens selbst Jurist und Vorsitzender Richter an der Großen Strafkammer des Landgerichts Mainz. Dieser Mann ist also schon von Berufswegen in der Lage, neutral und mit Justitias Augenbinde an ein Verfahren heranzugehen. Man darf ihm also durchaus zutrauen, dass er ohne den viel beschworenen „Nationalspieler“- oder „Bayern-Bonus“ entscheiden kann.

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