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,,In der Bundesliga müssen Sie mutig sein!"
WahreTabelle.de exklusiv: Interview mit Top-Schiedsrichter Dr. Jochen Drees.

Er gehört zu den besten Referees in Deutschland. Dr. Jochen Drees (43) aus Münster-Sarmsheim in Rheinland-Pfalz pfeift seit 2005 in der Fußball-Bundesliga. Seinen ersten ganz großen Einsatz hatte er im DFB-Pokal-Finale 2006 zwischen dem FC Bayern München und Eintracht Frankfurt (1:0) als Vierter Offizieller im Gespann von Herbert Fandel.
Kurios: Am 11. April 2008 brach Drees die Partie 1. FC Nürnberg - VfL Wolfsburg wegen starken Regens ab. Es war der erste Spielabbruch in der Bundesliga seit 1976 und der erste wegen Regens überhaupt. Im Fokus stand Drees auch am letzten Spieltag der Saison 2012/2013, als er in der Nachspielzeit der Partie Borussia Dortmund - 1899 Hoffenheim (1:2) einen Treffer von BVB-Torjäger Robert Lewandowski zum möglichen Ausgleich nach Rücksprache mit seinem Assistenten zurücknahm und den Hoffenheimern so den Platz in der Bundesliga-Relegation rettete (WahreTabelle.de berichtete mehrfach).
Im Interview mit WahreTabelle.de spricht der Mediziner über diese saisonentscheidende Szene, die bis heute in Fußball-Deutschland heiß diskutiert wird und über Chancen und Perspektiven der deutschen Schiedsrichter.
WahreTabelle.de: Herr Doktor Drees, für die Nutzer von WahreTabelle.de war das nicht gegebene Ausgleichstor für Borussia Dortmund in der Nachspielzeit gegen 1899 Hoffenheim (1:2) die Szene der Saison. Wie haben Sie als Spielleiter diesen entscheidenden Moment erlebt?
Dr. Jochen Drees: Es war eine sehr aufregende Situation, im Nachhinein war sie sogar noch aufregender als im Spiel. Ich habe mir immer wieder gesagt: ,Das fehlende Bewusstsein über die Konsequenz war der Schlüssel dazu, richtig zu entscheiden.‘“
WahreTabelle.de: Können Sie das konkretisieren?
Dr. Drees: Typisch für diese Szene war, dass die Wahrnehmung von mir als Schiedsrichter und die des Assistenten Benjamin Brand für sich alleine nicht ausgereicht hat. Es war nur lösbar durch die Vereinbarung beider Meinungen. Benjamin Brand hat mich via Headset um Rücksprache gebeten. Für mich war das Tor durch die Wahrnehmung auf dem Platz korrekt, ich konnte nicht sehen, ob Robert Lewandowski im Abseits stand und war auf ein Zeichen vom Assistenten angewiesen.
Viele Experten, auch in der Community von WahreTabelle.de, lobten Ihre mutige Entscheidung im Dortmunder Hexenkessel. Fehlt es den deutschen Schiedsrichtern manchmal an Mut zu unpopulären, weil einfach nur regelkonformen Entscheidungen?
In der Bundesliga müssen Sie einfach mutig sein, es darf keinen Grund dafür geben, für die Mannschaft A oder für die Mannschaft B zu pfeifen. Das ist keine Frage von fehlendem Mut, sondern das liegt häufig an eigenen Fehleinschätzungen und hat nichts mit den Heim- oder den Gastmannschaften zu tun.
Wie verfolgen Sie WahreTabelle.de?
Ich schaue immer wieder gerne bei WahreTabelle.de rein, weil es einem als Schiedsrichter doch schon sehr interessiert, wie die Szenen vom vorangegangenen Wochenende wahrgenommen werden. Für uns Schiedsrichter ist es wichtig, ein Feedback zu bekommen. Es ist ganz spannend, wie das von den Nutzern oder den Fans wahrgenommen wird. Ganz interessant ist dabei manchmal die Diskussion bei „Entscheidungen in der Grauzone", das ist schön zu lesen, wie Andere diese Entscheidungen interpretieren.
Was genau sind für Sie „Entscheidungen in der Grauzone“?
Es gibt immer wieder Situationen, die eine durchaus legitime Diskussion auslösen und einem Schiedsrichter einen Spielraum lassen. So können u. a. die Persönlichkeit des Schiedsrichters, aber auch der Spielverlauf einzelne Entscheidungen beeinflussen. Wir reden dabei von „Kann-Entscheidungen“. In Hoffenheim war der Ball am ersten Spieltag (2:2 gegen den 1. FC Nürnberg, d. Red.) klar hinter der Linie und es gab doch kein Tor. Das ist jedoch eine Schwarz-Weiß-Entscheidung! Entweder ist der Ball drin oder nicht.
Höhere Gehälter, mehr Professionalität - auf welchem Weg sehen Sie die Bundesliga-Schiedsrichter?
Ich finde, dass die deutschen Schiedsrichter auf einem sehr guten Weg sind. Es ist nur die Frage, dass sich dadurch auch Konsequenzen ergeben...
..führt das professionellere Schiedsrichterwesen automatisch zu besseren Schiedsrichterleistungen?
Schwer zu sagen! Es schafft in jedem Fall eine bessere Absicherung, weil der Aufwand für einen Schiedsrichter nach wie vor sehr hoch ist. Viele Schiedsrichter müssen entscheiden, was sie mit ihrem regulären Beruf machen. Ich denke, dass irgendwann auch der Profi-Schiedsrichter kommen wird.
Welchem deutschen Referee trauen Sie in dieser Bundesliga-Saison den Durchbruch zu?
Grundsätzlich muss man sagen, dass die Qualität der Schiedsrichter in der Bundesliga sehr hoch ist. Für einen Zweitliga-Referee ist es schwierig, in diese Phalanx einzubrechen. Wir haben viele talentierte Schiedsrichter in der 2. Liga, aber es ist schwierig zu sagen, wer den Sprung schafft. Christian Dietz ist auf einem sehr guten Weg, seine Entwicklung muss man weiter beobachten, ebenso wie die von Sascha Stegemann. Aber, und da wiederhole ich mich gern: Alle deutschen Schiedsrichter sind insgesamt auf einem sehr hohen Niveau. In zwei Jahren wird in der Bundesliga ein großer personeller Umbruch beginnen. Dann werden nach und nach acht Schiedsrichter aus Altersgründen ausscheiden und dann brauchen wir gute Leute, die in ihre Fußstapfen treten.
Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ist für die WM 2014 so gut wie qualifiziert und kann gegen Irland vor heimischem Publikum schon alles klar machen. Sehen wir in Brasilien auch einen deutschen Referee?
Natürlich! Bei der Stärke der Liga wäre es sehr schade, wenn man von Seiten der FIFA auf einen deutschen Schiedsrichter verzichten würden. Es wird zwischen Felix Brych und Wolfgang Stark ausgehen, beide hätten diese Chance verdient.
Interview: Carsten Germann, Redaktion WahreTabelle.de.
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Hradecky-Handspiel in Dortmund im Fokus

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Eine Korrektur im Fokus

Die Bundesliga ist mit einer umstrittenen Schiedsrichter-Entscheidung aus der Sommerpause zurückgekehrt. Am 1. Spieltag sorgte das letzte Duell zwischen dem 1. FC Köln und Schalke 04 für Gesprächsstoff, als Gäste-Profi Dominic Drexler in der ersten Halbzeit nach einem Foulspiel an Jonas Hector vom Platz gestellt wurde. Im Kampf um den Ball stieg Drexler seinem Gegenspieler auf die Wade, was Schiedsrichter Robert Schröder nach Ansicht der Bilder mit einer Roten Karte ahndete. Die Bewertung der Szene ging bei den Mitgliedern aus dem Kompetenzteam und der Community in verschiedene Richtungen. 1. Spieltag: Alle strittigen Szenen und Korrekturen im &Uu...
„Breite Unterstützung“ für Idee

In der englischen Premier League gibt es Pläne, die Konversationen zwischen Schiedsrichtern und Videoassistenten zu veröffentlichen. Wie die Zeitung „Times“ berichtet, sollen die Gespräche, die während eines Spiels rund um Entscheidungen per Videobeweis stattfinden, nach dem Abpfiff der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Premier-League-Chef Richard Masters sagte dem Blatt, es gäbe „breite Unterstützung“ für die Idee. Community: Hier zu allen Foren bei WahreTabelle „Es gibt eine grundsätzliche Ansic...
Mit 44 Jahren

Deutschlands „Schiedsrichter des Jahres“ Deniz Aytekin beendet nach 100 Einsätzen seine internationale Laufbahn. Dies teilte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) am Donnerstag mit. Der 44-Jährige stand seit 2011 auf der FIFA-Liste und leitete seither unter anderem 23 Länderspiele, 25 Partien in der Champions League und 29 Europa-League-Spiele. „Der wesentliche Grund ist, dass ich mehr Zeit mit meiner Familie und Freunden verbringen möchte“, sagte Aytekin in einem auf der DFB-Homepage veröffentlichten Interview. Nach Gesprächen mit seinem näheren Umfeld in den vergangenen Tagen fühle sich das Ergebnis richtig an, „dass ich meine Laufbahn als FIFA-Schiedsrichter beende“, betonte er. Bei d...
Schiedsrichter äußert sich

Schiedsrichter Felix Zwayer sieht in seinem umstrittenen Handelfmeterpfiff in der Zweitliga-Partie zwischen Hannover 96 und dem FC St. Pauli keine eindeutige Fehlentscheidung. „Anhand der Bilder, die wir jetzt haben, sehe ich meine Feldentscheidung nicht komplett bestätigt, sie weisen aber auch nicht zu 100 Prozent in die andere Richtung“, sagte der 41 Jahre alte Referee nach dem 2:2 bei „Sport1“. „Meine Wahrnehmung auf dem Platz, auf die ich mich letztendlich verlassen musste, war, dass der linke Arm zum Zeitpunkt des Abspiels eine leichte Bewegung nach außen macht und damit in die Flugbahn geht und den Ball ablenkt.“