Newsansicht

WahreTabelle 1.Bundesliga >> WahreTabelle 2.Bundesliga >>
30.11.-1 00:00 Uhr | Quelle: WahreTabelle.de

Schiedsrichterball Spezial: Durchwachsen, aber nicht katastrophal

Kolumne: Johannes Gründel erklärt bei WahreTabelle.de das Regelwerk und strittige Szenen der WM.

Johannes Gründel
Johannes Gründel
Rizzoli / Team
Quelle: GettyImages
Nach dem WM-Finale Deutschland - Argentinien kassierten Nicola Rizzoli (2. v. l.) und sein Team stellvertretend für alle Referees bei dieser Endrunde gellende Pfiffe der Zuschauer im Maracana.

Johannes Gründel
Johannes Gründel

Zuletzt hatten sich sogar die Deutschen Schiedsrichteroberen kritisch über die Leistungen der Referees bei der WM geäußert. Wenn es erst einmal so weit gekommen ist, dass Vertreter des Schiedsrichterwesens öffentlich Spitzenschiris kritisieren, muss zuvor schon einiges passiert sein.

Fouls seien nicht entsprechend geahndet worden. Tatsächlich zog es sich wie ein Roter – oder zumindest ein Nicht-Gelber – Faden durch die WM, dass die Verwarnungen sehr gerne stecken gelassen wurden. Bei fünf oder sechs Spielen wären das sicher Einzelfälle gewesen. Bei allen 64 Partien aber muss eine Anweisung, weniger über Gelbe Karten als über die Persönlichkeit zu gehen, dahinter stehen. Das kann die FIFA noch so sehr leugnen, damit macht man sich nur noch unglaubwürdiger. Hier müssen sich aber weniger die Schiedsrichter, denen als Adressaten dieser Anweisung die Hände gebunden waren, als das Komitee um Massimo Busacca Kritik gefallen lassen. Im Endeffekt war diese Linie nicht förderlich, sondern führte zu immer härteren Spielen, was in der schweren Verletzung von Topstar Neymar seinen Tiefpunkt fand.

Noch gravierender auf die Entscheidungen wirkte sich aber die Anweisung zu den Laufwegen aus. Dem geübten Auge fiel auf, dass die Schiedsrichter in Strafraumnähe auf einmal von der „klassischen“ Diagonale abwichen, also sich nicht in der Nähe des rechten Strafraumecks positionierten, sondern in die Mitte, z.T. sogar auf die andere Strafraumseite einrückten. Daraus resultierten zwei Effekte: Einerseits standen sie näher am Spielgeschehen und beurteilten manche Strafraumszenen aus zehn statt 30 Metern Entfernung. Das ist ja zunächst mal wünschenswert. Andererseits aber ging dadurch der für die Zweikampfbewertung essentielle Seiteneinblick verloren. Dieser Anweisung haben wir einige nicht oder fälschlicherweise gegebene Strafstöße zu verdanken, prominentestes Beispiel war der Elfmeter im Eröffnungsspiel, mit dem das „Übel“ aus Schiedsrichtersicht begann.

Der Start ist immer wichtig. Das gilt innerhalb eines Spiels für den ersten bewerteten Zweikampf genauso wie für ein großes Turnier mit dem Eröffnungsspiel. Hier wird die Linie für das Turnier festgelegt, hier bekommen alle Beteiligten einen ersten Eindruck, was sie in den folgenden vier Wochen erwartet. Und für diesen ersten Eindruck, so ein geflügeltes Wort, das bei nahezu jedem Leistungslehrgang für Schiedsrichter gebraucht wird, bekommt man keine zweite Chance. Vor allem, wenn sich in den nächsten zwei Partien weitere schwere Fehler einschleichen. Spätestens nach dem Spiel Spanien–Niederlande (1:5) war klar: Die Schiedsrichterleistungen der WM würden am Ende negativ bewertet werden. Selbst dann, wenn sich die Fehlentscheidungen anschließend nur noch auf einem normalen Level bewegen würden.

Tatsächlich wurden gute Leistungen anschließend kaum registriert und falls doch, dann häufig versehen mit dem Satz „Das muss man bei dieser WM ja auch mal betonen“ – was das Kompliment wiederum zu einer scharfen Kritik in Richtung der anderen Schiedsrichter verkehrte. Wenn man sich die Entscheidungen aber mal einzeln vornimmt, stellt man fest: Die meisten sind gut erklärbar, sei es durch ein unglückliches, aber aufgrund der oben geschilderten Anweisung eben doch richtiges, Stellungsspiel oder durch die Szene als solche. Man denke dabei nur an den Elfmeter in der Partie Spanien–Niederlande, an dem in Livegeschwindigkeit eigentlich kaum ein Zweifel bestand. Nur sehr wenige Entscheidungen waren „unverzeihlich“ oder „Anfängerfehler“. Intuitiv denke ich da an das 3:1 für die Niederlande gegen den Weltmeister oder an die Rudelbildung bei Brasilien–Kolumbien.

Bezeichnend, dass ausgerechnet der Final-Schiedsrichter Nicola Rizzoli (Italien) in dieser Aufzählung seinen Auftritt hat. Womit man beim letzten Kritikpunkt bei dieser WM angekommen ist – die Ansetzungen. Das Team um Busacca hat es in ein paar Spielen verpasst, europäische (Spitzen-)Schiedsrichter anzusetzen. Das führte dann dazu, dass gute Schiedsrichter wie Dr. Felix Brych, der auch Fehler gemacht hat – aber bei weitem keine unverzeihlichen – am Ende nur zwei Gruppenspiele leiten durften. Ein Leistungsprinzip war auch nur bedingt erkennbar. Bestes Beispiel dafür ist Bakary Gassama. Der Gambier leitete das Spiel zwischen den Niederlanden und Chile (2:0) am dritten Spieltag überzeugend. Von einem großen Sportmagazin mit Sitz in Nürnberg bekam er eine glatte 1, selbst wenn diese Noten immer mit Vorsicht zu genießen sind. Der Afrikaner kam danach aber zu keinem weiteren Einsatz. Stattdessen wurde Djamel Haimoudi aus Algerien in der K.o.-Runde trotz nicht wirklich überzeugender Leistungen noch zweimal eingesetzt, unter anderem im ,,kleinen Finale“ mit Brasilien und den Niederlanden (0:3).

Mutmaßlicher Grund hierfür sind politische Erwägungen. Zusammenfassend lässt sich festhalten: Es gibt einige Stellschrauben für die WM 2018, größtenteils auf Seiten des FIFA-Komitees. Wir können nur hoffen, dass an diesen auch gedreht wird. Und eines ist klar: Bei dieser WM hat man gesehen, was wir an den Bundesliga-Schiedsrichtern haben…

Mehr zum Thema:

Schiedsrichterball: So sicher wie das Amen in der Kirche...

Schiedsrichterball: Ein heißes Spiel...

 

Zuletzt hatten sich sogar die Deutschen Schiedsrichteroberen kritisch über die Leistungen der Referees bei der WM geäußert. Wenn es erst einmal so weit gekommen ist, dass Vertreter des Schiedsrichterwesens öffentlich Spitzenschiris kritisieren, muss zuvor schon einiges passiert sein.

Fouls seien nicht entsprechend geahndet worden. Tatsächlich zog es sich wie ein Roter – oder zumindest ein Nicht-Gelber – Faden durch die WM, dass die Verwarnungen sehr gerne stecken gelassen wurden. Bei fünf oder sechs Spielen wären das sicher Einzelfälle gewesen. Bei allen 64 Partien aber muss eine Anweisung, weniger über Gelbe Karten als über die Persönlichkeit zu gehen, dahinter stehen. Das kann die FIFA noch so sehr leugnen, damit macht man sich nur noch unglaubwürdiger. Hier müssen sich aber weniger die Schiedsrichter, denen als Adressaten dieser Anweisung die Hände gebunden waren, als das Komitee um Massimo Busacca Kritik gefallen lassen. Im Endeffekt war diese Linie nicht förderlich, sondern führte zu immer härteren Spielen, was in der schweren Verletzung von Topstar Neymar seinen Tiefpunkt fand.

Noch gravierender auf die Entscheidungen wirkte sich aber die Anweisung zu den Laufwegen aus. Dem geübten Auge fiel auf, dass die Schiedsrichter in Strafraumnähe auf einmal von der „klassischen“ Diagonale abwichen, also sich nicht in der Nähe des rechten Strafraumecks positionierten, sondern in die Mitte, z.T. sogar auf die andere Strafraumseite einrückten. Daraus resultierten zwei Effekte: Einerseits standen sie näher am Spielgeschehen und beurteilten manche Strafraumszenen aus zehn statt 30 Metern Entfernung. Das ist ja zunächst mal wünschenswert. Andererseits aber ging dadurch der für die Zweikampfbewertung essentielle Seiteneinblick verloren. Dieser Anweisung haben wir einige nicht oder fälschlicherweise gegebene Strafstöße zu verdanken, prominentestes Beispiel war der Elfmeter im Eröffnungsspiel, mit dem das „Übel“ aus Schiedsrichtersicht begann.

Der Start ist immer wichtig. Das gilt innerhalb eines Spiels für den ersten bewerteten Zweikampf genauso wie für ein großes Turnier mit dem Eröffnungsspiel. Hier wird die Linie für das Turnier festgelegt, hier bekommen alle Beteiligten einen ersten Eindruck, was sie in den folgenden vier Wochen erwartet. Und für diesen ersten Eindruck, so ein geflügeltes Wort, das bei nahezu jedem Leistungslehrgang für Schiedsrichter gebraucht wird, bekommt man keine zweite Chance. Vor allem, wenn sich in den nächsten zwei Partien weitere schwere Fehler einschleichen. Spätestens nach dem Spiel Spanien–Niederlande (1:5) war klar: Die Schiedsrichterleistungen der WM würden am Ende negativ bewertet werden. Selbst dann, wenn sich die Fehlentscheidungen anschließend nur noch auf einem normalen Level bewegen würden.

Tatsächlich wurden gute Leistungen anschließend kaum registriert und falls doch, dann häufig versehen mit dem Satz „Das muss man bei dieser WM ja auch mal betonen“ – was das Kompliment wiederum zu einer scharfen Kritik in Richtung der anderen Schiedsrichter verkehrte. Wenn man sich die Entscheidungen aber mal einzeln vornimmt, stellt man fest: Die meisten sind gut erklärbar, sei es durch ein unglückliches, aber aufgrund der oben geschilderten Anweisung eben doch richtiges, Stellungsspiel oder durch die Szene als solche. Man denke dabei nur an den Elfmeter in der Partie Spanien–Niederlande, an dem in Livegeschwindigkeit eigentlich kaum ein Zweifel bestand. Nur sehr wenige Entscheidungen waren „unverzeihlich“ oder „Anfängerfehler“. Intuitiv denke ich da an das 3:1 für die Niederlande gegen den Weltmeister oder an die Rudelbildung bei Brasilien–Kolumbien.

Bezeichnend, dass ausgerechnet der Final-Schiedsrichter Nicola Rizzoli (Italien) in dieser Aufzählung seinen Auftritt hat. Womit man beim letzten Kritikpunkt bei dieser WM angekommen ist – die Ansetzungen. Das Team um Busacca hat es in ein paar Spielen verpasst, europäische (Spitzen-)Schiedsrichter anzusetzen. Das führte dann dazu, dass gute Schiedsrichter wie Dr. Felix Brych, der auch Fehler gemacht hat – aber bei weitem keine unverzeihlichen – am Ende nur zwei Gruppenspiele leiten durften. Ein Leistungsprinzip war auch nur bedingt erkennbar. Bestes Beispiel dafür ist Bakary Gassama. Der Gambier leitete das Spiel zwischen den Niederlanden und Chile (2:0) am dritten Spieltag überzeugend. Von einem großen Sportmagazin mit Sitz in Nürnberg bekam er eine glatte 1, selbst wenn diese Noten immer mit Vorsicht zu genießen sind. Der Afrikaner kam danach aber zu keinem weiteren Einsatz. Stattdessen wurde Djamel Haimoudi aus Algerien in der K.o.-Runde trotz nicht wirklich überzeugender Leistungen noch zweimal eingesetzt, unter anderem im ,,kleinen Finale“ mit Brasilien und den Niederlanden (0:3).

Mutmaßlicher Grund hierfür sind politische Erwägungen. Zusammenfassend lässt sich festhalten: Es gibt einige Stellschrauben für die WM 2018, größtenteils auf Seiten des FIFA-Komitees. Wir können nur hoffen, dass an diesen auch gedreht wird. Und eines ist klar: Bei dieser WM hat man gesehen, was wir an den Bundesliga-Schiedsrichtern haben…

Mehr zum Thema:

Schiedsrichterball: So sicher wie das Amen in der Kirche...

Schiedsrichterball: Ein heißes Spiel...

 

07.05.2024 16:09 Uhr | Quelle: WahreTabelle Auswertung 32. Spieltag: Bayern-Elfmeter irregulär – Kritische Situationen in Bremen richtig

Eine Fehlentscheidung am 32. Spieltag. 

Tobias Welz beim Elfmeterpfiff.

Die Auswertung des 32. Spieltages der Bundesliga hat eine Fehlentscheidung der Unparteiischen ergeben. Beim Topspiel am Samstagmittag zwischen dem VfB Stuttgart und dem FC Bayern glich der Rekordmeister in der 37. Minute durch einen Elfmeter von Harry Kane aus, diesen hätte es nach Ansicht der WahreTabelle-Community aber nicht geben dürfen. 32. Spieltag: Alle strittigen Szenen im Überblick Waldemar Anton erwischte Serge Gnabry in einem Zweikampf mit der Hand im Gesicht, woraufhin der Bayern-Angreifer zu Boden sank. Der VAR griff aufgrund des klar zu erkennenden Kontaktes nicht ein, für die WT-User war dieser allerdings nicht ausschlaggebend für den Fall. „Ta...

30.04.2024 14:07 Uhr | Quelle: WahreTabelle Auswertung 31. Spieltag: Drama in Mainz – Köln mit Glück in der Nachspielzeit

Zwei Korrekturen im Abstiegsduell

Robin Zentner beim Einsatz gegen Sargis Adamyan.

Die Auswertung des 31. Spieltages hat zwei Korrekturen ergeben, beide beim Duell im Abstiegskampf zwischen Mainz 05 und dem 1. FC Köln. Beide Male wurde dabei das Heimteam benachteiligt. Zum einen flog Phillipp Mwene in der Nachspielzeit nach Ansicht des Kompetenzteams zu Unrecht mit Rot vom Platz – alle sieben Mitglieder stimmen dafür, dass eine Gelbe Karte gereicht hätte. Schon zuvor hätte es den späten 1:1-Ausgleich durch den Foulelfmeter nicht geben dürfen. 31. Spieltag: Alle strittigen Szenen im Überblick Robin Zentner kam in der 91. Minute bei einer Flanke aus dem Tor heraus und räumte Effzeh-Stürmer Sargis Adamyan ab. Schie...

23.04.2024 16:36 Uhr | Quelle: WahreTabelle Auswertung 30. Spieltag: Freiburgs Kübler hätte gegen Mainz Rot sehen müssen

Eine Fehlentscheidung im Fokus

Kuebler-Lukas-2023-2024-Freiburg-1044065684h_1713883092.jpg

Ein Foulspiel im Duell zwischen dem SC Freiburg und Mainz 05 (1:1) war der größte Aufreger in der WT-Community am 30. Spieltag. Freiburgs Lukas Kübler trat seinem Gegenspieler Jae-sung Lee in der 30. Minute auf den Knöchel und wurde dafür von Schiedsrichter Marco Fritz verwarnt. Die User hätten den Verteidiger für dieses Vergehen allerdings vom Platz gestellt. 30. Spieltag: Alle strittigen Szenen im Überblick 73,9 Prozent der User votierten für eine Rote Karte für den Freiburger. Auch innerhalb des Kompetenzteams ging die Tendenz in Richtung Platzverweis: Drei von vier KT-Mitgliedern stimmten dafür. „...

23.04.2024 16:13 Uhr | Quelle: dpa DFB-Schiedsrichter Siebert und Zwayer pfeifen bei der EM: „Highlight in ihrer Karriere“

UEFA gibt bekannt

Siebert_Daniel_0046665044h_1713881712.jpg

Die deutschen Schiedsrichter Daniel Siebert und Felix Zwayer gehören zum Aufgebot für die Heim-EM im Sommer. Wie der Deutsche Fußball-Bund am Dienstag mitteilte, sind die beiden Berliner unter den 18 UEFA-Nominierten für das Turnier in Deutschland. Hinzu kommt noch ein argentinischer Referee. Community: Im Forum über Schiedsrichter-Themen mitdiskutieren Der 39 Jahre alte Siebert ist nach der EM 2021 und der WM 2022 zum dritten Mal bei einer Endrunde bei einem großen Turnier dabei. Für den 42 Jahre alten Zwayer hingegen wird die Europameisterschaft in Deutschland eine Premiere sein. Außer Siebert und Zwayer wurden nach DFB-Angaben auch Jan Seidel, Rafael Foltyn, Stefan ...

16.04.2024 13:06 Uhr | Quelle: WahreTabelle Auswertung 29. Spieltag: Diskussionen um zwei Leverkusen-Tore und mögliche Rote Karten

Mehrere strittige Szenen im Fokus

Harm-Osmers-2024-1043762546h_1713265747.jpg

Erstmals seit dem 17. Spieltag hat es nach einem Bundesliga-Wochenende keine Ergebniskorrektur durch die WT-Community gegeben. Dennoch wurden vier strittige Szenen diskutiert, von denen zwei beim Duell zwischen Bayer Leverkusen und Werder Bremen (5:0) stattgefunden haben. 29. Spieltag: Alle strittigen Szenen im Überblick In beiden Fällen waren sich die Mitglieder des Kompetenzteams sowie die WT-User uneins. Jeweils mit einer knappen Mehrheit hätten die User den Elfmeter, der zum 1:0 führte, nicht gepfiffen und das 2:0, bei dem eine Abseitsstellung thematisiert wurde, nicht zählen lassen. Die KT-Mitglieder stärkten jedoch S...