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09.11.2017 17:49 Uhr | Quelle: WahreTabelle

Schiedsrichterball: Stopp!

Kolumne: Johannes Gründel erklärt bei WahreTabelle das Regelwerk und strittige Szenen im Fußball.

Lezcano_Dario_FCNFCING
Quelle: Imago Sportfoto
Der strittige Elfmeter in Nürnberg: Ingolstadts Dario Lezcano (2. v. r.) verlädt FCN-Keeper Thorsten Kirschbaum.

Nein, das vergangene Wochenende in der Fußball-Bundesliga war kein gutes für die Torhüter. Mainz‘ Torwart Robin Zentner verwechselte Strafstoßmarke und Ball und sorgte damit für einen viralen Hit, noch während das Spiel gegen Borussia Mönchengladbach (1:1) lief. Stuttgarts Ron-Robert Zieler ließ einen einfach zu haltenden Freistoß gegen den Hamburger SV (1:3) durch die Finger flutschen. Und Nürnbergs Thorsten Kirschbaum scheiterte bei der Ballannahme eines Rückpasses von Mitspieler Tim Leibold, was am Ende in einem Strafstoß für den FC Ingolstadt 04 und dem 2:1-Siegtreffer der „Schanzer“ resultierte.

Der große Aufreger erfolgte bei der letzten Szene aber nicht wegen der Ballannahme oder wegen des Foulspiels, sondern aufgrund der Ausführung des Strafstoßes durch Dario Lezcano. Dieser war beim Anlauf zwischenzeitlich stehen geblieben und hatte Kirschbaum dadurch verladen. Im Max-Morlock-Stadion schallten daraufhin „Schieber“ und „Fußballmafia DFB“-Rufe durch das Achteck, da Schiedsrichter Felix Zwayer (36, Berlin) den Treffer zählen ließ. Auch bei Sky ergriff Kommentator Klaus Veltman Partei: „Beschweren kann sich Lezcano nicht, wenn Zwayer den Elfmeter wiederholen lässt“. In den Interviews nach dem Spiel wurde von einem irregulären Treffer gesprochen, da der Stürmer zum Stehen kam. Nürnbergs Trainer Michael Köllner behauptete, dass die Regel vorschreibe, dass „man das so nicht machen darf“. Aber stimmt das?

Schauen wir hierfür doch ins Regelwerk. Regel 14 äußert sich zum Strafstoß und dessen Ausführung. Dabei gilt: Was nicht verboten ist und auch nicht dem Sinn und Geist der Regeln widerspricht, ist erlaubt. Für das Verhalten des Schützen wird im Unterpunkt 1) nur banal festgestellt: „Der Schütze muss den Ball nach vorne schießen; ein Schuss mit der Hacke ist erlaubt, sofern der Ball nach vorne rollt“. Unter dem Punkt 2) „Vergehen/Sanktionen“ findet man dann das Verhalten, das verboten ist, und die entsprechenden Sanktionen.

Zunächst ist hier unter inhaltlichem Bezug auf die (relativ knappen) Vorschriften aus Unterpunkt 1) geregelt, dass das Spiel bei Vergehen gegen die Spielregeln durch den Schützen und Mitspieler der Strafstoß bei Torerfolg wiederholt, das Spiel bei Verschießen mit indirektem Freistoß fortgesetzt wird. Inhaltlich beschränkt sich diese Regelung auf zu früh einlaufende Angreifer oder einen genau parallel zur Torlinie geschossenen Strafstoß. Interessant für den Nürnberger Fall ist aber der nächste Punkt:

In folgenden Fällen wird das unterbrochene Spiel immer mit einem indirekten Freistoß fortgesetzt, unabhängig davon, ob ein Tor erzielt wird oder nicht: (…)

Ein Spieler täuscht nach dem Anlaufen einen Schuss an („Finte“ – eine Finte während des Anlaufens ist zulässig): Der Schiedsrichter verwarnt den Schützen.“

Hieraus ergibt sich auf doppelte Weise, dass der Anlauf von Lezcano zulässig war. Die bewusste Einschränkung „nach dem Anlaufen“ zeigt im Umkehrschluss, dass während des Anlaufens jede anlaufbezogene Täuschung (also nicht umfasst: der Bolzplatz-Klassiker: „Schau mal, da oben, ein Flugzeug!“, das ist unsportliches Verhalten und fällt unter die oben benannten Verstöße gegen die Spielregeln) zulässig ist. Dies wird dann auch durch die Klarstellung, dass eine Finte während des Anlaufens zulässig ist, bestätigt. Erst wenn der Schütze am Ball angekommen ist, sprich den Standfuss neben den Ball gesetzt hat, muss er den Strafstoß in einem Zug ausführen: Man will kein Antäuschen wie im Handball sehen. Das Verhalten von Lezcano hingegen ist zulässig.

Das hat Michael Köllner mittlerweile auch erkannt und hat am Dienstag die Ausführung als „wohl regelkonform“ bezeichnet. Schade an dieser Stelle ist jedoch, dass Sky durch die inhaltlich unzutreffenden Aussagen während und nach dem Spiel den Regelmythos, der Schütze müsste den Strafstoß in einem Zug ausführen, nicht aufgeklärt, sondern als Multiplikator weiterverbreitet hat. Wünschenswert wäre es, in solchen Situationen erst einmal die Regellage abzuklären, bevor dem Schiedsrichter mangelnde Regelkenntnis unterstellt wird. Erst recht, wenn der Sachverhalt hier so eindeutig ist, dass ein Wahrnehmungsfehler unwahrscheinlich erscheint. Eine verpasste Chance…

Anmerkung zum Schluss: Es sind auch noch einige Spieler zu früh in den Strafraum gelaufen, allerdings erfolgte dies im übliche Maß, das in der Regelpraxis akzeptiert und nicht zurückgeahndet wird.

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Der große Aufreger erfolgte bei der letzten Szene aber nicht wegen der Ballannahme oder wegen des Foulspiels, sondern aufgrund der Ausführung des Strafstoßes durch Dario Lezcano. Dieser war beim Anlauf zwischenzeitlich stehen geblieben und hatte Kirschbaum dadurch verladen. Im Max-Morlock-Stadion schallten daraufhin „Schieber“ und „Fußballmafia DFB“-Rufe durch das Achteck, da Schiedsrichter Felix Zwayer (36, Berlin) den Treffer zählen ließ. Auch bei Sky ergriff Kommentator Klaus Veltman Partei: „Beschweren kann sich Lezcano nicht, wenn Zwayer den Elfmeter wiederholen lässt“. In den Interviews nach dem Spiel wurde von einem irregulären Treffer gesprochen, da der Stürmer zum Stehen kam. Nürnbergs Trainer Michael Köllner behauptete, dass die Regel vorschreibe, dass „man das so nicht machen darf“. Aber stimmt das?

Schauen wir hierfür doch ins Regelwerk. Regel 14 äußert sich zum Strafstoß und dessen Ausführung. Dabei gilt: Was nicht verboten ist und auch nicht dem Sinn und Geist der Regeln widerspricht, ist erlaubt. Für das Verhalten des Schützen wird im Unterpunkt 1) nur banal festgestellt: „Der Schütze muss den Ball nach vorne schießen; ein Schuss mit der Hacke ist erlaubt, sofern der Ball nach vorne rollt“. Unter dem Punkt 2) „Vergehen/Sanktionen“ findet man dann das Verhalten, das verboten ist, und die entsprechenden Sanktionen.

Zunächst ist hier unter inhaltlichem Bezug auf die (relativ knappen) Vorschriften aus Unterpunkt 1) geregelt, dass das Spiel bei Vergehen gegen die Spielregeln durch den Schützen und Mitspieler der Strafstoß bei Torerfolg wiederholt, das Spiel bei Verschießen mit indirektem Freistoß fortgesetzt wird. Inhaltlich beschränkt sich diese Regelung auf zu früh einlaufende Angreifer oder einen genau parallel zur Torlinie geschossenen Strafstoß. Interessant für den Nürnberger Fall ist aber der nächste Punkt:

In folgenden Fällen wird das unterbrochene Spiel immer mit einem indirekten Freistoß fortgesetzt, unabhängig davon, ob ein Tor erzielt wird oder nicht: (…)

Ein Spieler täuscht nach dem Anlaufen einen Schuss an („Finte“ – eine Finte während des Anlaufens ist zulässig): Der Schiedsrichter verwarnt den Schützen.“

Hieraus ergibt sich auf doppelte Weise, dass der Anlauf von Lezcano zulässig war. Die bewusste Einschränkung „nach dem Anlaufen“ zeigt im Umkehrschluss, dass während des Anlaufens jede anlaufbezogene Täuschung (also nicht umfasst: der Bolzplatz-Klassiker: „Schau mal, da oben, ein Flugzeug!“, das ist unsportliches Verhalten und fällt unter die oben benannten Verstöße gegen die Spielregeln) zulässig ist. Dies wird dann auch durch die Klarstellung, dass eine Finte während des Anlaufens zulässig ist, bestätigt. Erst wenn der Schütze am Ball angekommen ist, sprich den Standfuss neben den Ball gesetzt hat, muss er den Strafstoß in einem Zug ausführen: Man will kein Antäuschen wie im Handball sehen. Das Verhalten von Lezcano hingegen ist zulässig.

Das hat Michael Köllner mittlerweile auch erkannt und hat am Dienstag die Ausführung als „wohl regelkonform“ bezeichnet. Schade an dieser Stelle ist jedoch, dass Sky durch die inhaltlich unzutreffenden Aussagen während und nach dem Spiel den Regelmythos, der Schütze müsste den Strafstoß in einem Zug ausführen, nicht aufgeklärt, sondern als Multiplikator weiterverbreitet hat. Wünschenswert wäre es, in solchen Situationen erst einmal die Regellage abzuklären, bevor dem Schiedsrichter mangelnde Regelkenntnis unterstellt wird. Erst recht, wenn der Sachverhalt hier so eindeutig ist, dass ein Wahrnehmungsfehler unwahrscheinlich erscheint. Eine verpasste Chance…

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